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Friedrich Rückert
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Die Weisheit des Brahmanen
(1836-39)
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Bd. 6
(1839)
Friedrich Rückert
(1788–1866)
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Die Weisheit des Brahmanen
(1839)
Sechstes Bändchen
XVI.
(I.)
1.
Die Poeſie iſt Gold; ein weniges vom holden
2.
Wer unberedet wuͤnſcht zu bleiben, der muß ſchweigen
3.
Im Voraus freuen mag ſich ſchon der guten That
4.
Ein Knabe lernt nur von geliebten Lehrern gerne
5.
Der Mann, der erſt ein Schelm geworden, wird nie bieder
6.
Der Adler fliegt allein, der Rabe ſchaarenweiſe
7.
Wenn du vom Freunde ſeinen Stand nicht abzuziehn
8.
Erhabnes, findet es erhabne Stimmung nicht
9.
Wer edel lebt und ſtirbt, der iſt mir auserkoren
10.
Beſcheiden wollt’ ich ſeyn, ſaͤh’ ich mich vollgeehrt
11.
Der Ruhm hat einen Grund; wenn dieſer Grund erſt liegt
12.
Wer fremde Fehler ruͤgt, glaubt ſich der eignen quitt
13.
Geh weg, o Sonne, denn der Mond will auch nun ſcheinen
14.
Schon zu beneiden iſt, wen Taͤuſchung nur begluͤckt
15.
An den im Garten bunt gewordenen Aurickeln
16.
Der Hunger guckt dem Fleiß zuweilen wol ins Haus
17.
Die Tempelratte hat nicht Scheue vor dem Gott
18.
Ein Wunder laͤßt ſich durch ein andres nur erklaͤren
19.
Der Siegelring wird nicht in harten Stein ſich druͤcken
20.
Wer etwas ſcheinen will, der ſuch’ es auch zu ſeyn
21.
Der Wetzſtein ſchneidet nicht, doch macht er ſcharf das Meſſer
22.
Vom Uebermaß der Luſt wird Leid hervorgebracht
23.
Wer nicht ſein eigner Freund, dein Freund kann der nicht ſeyn
24.
Gunſt eignet der Perſon, und erbt nicht fort geſchwind
25.
O ſorg’ um Nahrung nicht! Gott weiſt dir an dein Looß
26.
Der weiß die Schwanen macht und gruͤn die Papagein
27.
Wo es drei Heller thun, da wende vier nicht an
28.
Ueber das Ziel ein Schritt, zuviel iſt ſtets vom Uebel
29.
Wer zwingen will die Zeit, den wird ſie ſelber zwingen
30.
Nur wer Anſpruͤche macht, fuͤhlt ſich zuruͤckgeſetzt
31.
Den Raͤuber ſchilt der Dieb, weil weg am Tage nahm
32.
Durch Widerſpruch wirſt du den Duͤnkel nie bekehren
33.
Zaͤh war ich, weich hat mich der Liebe Hauch gemacht
34.
Wenn du den Muth nicht haſt, die Guten ſelbſt zu tadeln
35.
Ich fuͤhl’ es leider nun, im Leben glaubt’ ichs nie
36.
Wenn er beim alten hat Einſprecher und Abnehmer
37.
Ob es ſtets anders nur, nie beſſer werd’ auf Erden
38.
Die Zeit laͤßt fallen eins, um andres zu entfalten
39.
Du mußt auf Freundes Lieb’ alswie auf Gottes trauen
40.
Am beſten machſt du gleich dein Ding im Anfang recht
41.
Des Mannes Zunge, dem Verſtand und Witz gebrechen
42.
Was dir am Mann gefaͤllt, der ſtillſchweigt, wird im Nu
43.
Ein Thor klagt andre an, und ein Halbweiſer ſich
44.
Das Wahre miſche mit dem Falſchen, wer den Schwachen
45.
Laß keinen, was er nicht kann halten, dir verſprechen!
46.
Was hilft die Kundſchaft, die du ein von andern ziehſt?
47.
Gar vieles lernt man, um es wieder zu vergeſſen
48.
Ein Irrthum weggeraͤumt gibt einen wahren Satz
49.
Man kann nicht immer was man will; der iſt mein Mann
50.
Den Degen ſoll ein Mann nicht ohne Urſach ziehn
51.
Gott hilft uns, liebes Kind, nur nicht den Muth verloren!
52.
In einer guten Eh’ iſt wol das Haupt der Mann
53.
Von keinem Troſt wird ein Betruͤbter mehr erquickt
54.
In einer Stunde ſtreckt man einen Baum zur Erden
55.
Die Nuͤſſe gibt dir Gott, dazu die Zaͤhn’ im Backen
56.
Dich freut ein Name, den dem Nachbar Spoͤtter gaben
57.
Die Nachtigall iſt nicht zum Sehn, iſt nur zum Hoͤren
58.
Stets lebt ein Dichter im Vertheilen von Geſchenken
59.
Die ſchoͤnſte Gegend iſt nicht ſchoͤn von allen Seiten
60.
In dieſer tiefen Furt will durchzuwaten hoffen
61.
Ihr freut am falſchen Glanz ſo gut euch, als am aͤchten
62.
Umſonſt iſt jedes Werk, das du hervorgebracht
63.
Mach’ immer nur Entwuͤrf’! ob du ſie nicht ausfuͤhreſt
64.
Als Roſ’ iſt nie ſo ſchoͤn geworden, wie zu werden
65.
Unſeliger iſt nichts, als wenn dirs immer iſt
66.
Was iſt und was iſt nicht poetiſch? Alles, wie
67.
Der Wille ſuͤndigt, und der Will’ entſuͤndigt wieder
68.
Schlecht iſt das Schlechte nicht, denn das verkennt man ſelten
69.
Zu kommen zwingſt du dich? Komm, oder nicht! du biſt
70.
Zu denken iſt wol ſchoͤn, noch ſchoͤner iſt zu dichten
71.
Ob du von mir dis haſt, ob ich von dir, wer weiß?
72.
Ein boͤſes Buch iſt, das durchaus dir nicht gefaͤllt
73.
Du haſt es oft erprobt; laß dieſes Volk nicht ein!
74.
Euch zu gefallen geb’ ich Hoffnung auf und Luſt
75.
Die Freunde bitte fein, zuſehr nicht dich zu ehren!
76.
Wenn dich der Poͤbel ehrt, befuͤrchte, was dir droht!
77.
Wer ſeinen Sohn verſaͤumt zum Freunde zu erziehn
78.
Oft mit den Tugenden verwachſen iſt ein Fehler
79.
Weh thuts, wenn man dich ſchilt, am wehſten, armer Knecht
80.
Die Sittlichkeit allein erſetzt den Glauben nicht
81.
Am Ende deiner Bahn iſt gut Zufriedenheit
82.
Du hatteſt nicht die Kraft, dein gutes Gluͤck zu tragen
83.
Bild’ auf den eignen Werth dir nur zuviel nicht ein!
84.
Der Ehrgeiz iſt gekraͤnkt vom kleinſten, das mislingt
85.
O weh dem Durſte, der nach jedem Troͤpfchen geizt
86.
Glaub’ immer! nur beweis mirs nicht! ſonſt werd’ ich ſtraͤubig
87.
Vom Heiligen bewegt, ſei dein Gemuͤt im Takt!
88.
Begluͤckt, von wem nicht eh’r die Welt, daß er gelebt
89.
Klag nicht, wenn das Geſchick dir etwas ſchwer gemacht!
90.
Wer einen Fehler flieht, der huͤte ſich vor allen
91.
Die Krankheit iſt dein Heil, wenn ſie dich leiblich mahnt
92.
Viel Gutes wird bewirkt auf dieſer Welt vom Boͤſen
93.
Warum vor Ungeduld dein Buͤchlein ich zuſchlug?
94.
Nicht Achtung kanſt du dem, der dich nicht achtet, ſchenken
95.
Soviel du von der Gnad’ Unedler wirſt geſpeiſt
96.
Am Inhalt liegt mir viel, und wenig am Gefaͤße
97.
Ein Streben mag mit Luſt den Strebenden betruͤgen
98.
Ein neugekauftes Buch, ein ſelbſtgebautes Haus
99.
Was einer tragen kann an Leid und auch an Luſt
100.
Nicht allen alles, wenn nur einem eins gefaͤllt
(II.)
1.
Die Dichtung geht der Zeit voran und hinterdrein
2.
Ein gut Wort, gut geſagt, und auch gut aufgenommen
3.
Wer beide Haͤnde voll hat und noch mehr will faſſen
4.
Die fremde Weisheit wird in deinem Kopf zum Thoren
5.
Den Weiſen kannſt du an der Wahl der Zweck’ entdecken
6.
Zu faſſen den Entſchluß, muß Gottes Geiſt dich ruͤhren
7.
Die Ueberlegung zeigt das Beſſere von zwein
8.
Das Gute thuſt du nicht, um zu empfinden Luſt
9.
Das Gute thun iſt leicht, ſelbſt Schwachen eine Luſt
10.
Das Wuͤnſchen thut es nicht, Anſtrengung muß es machen
11.
Die heiße Kohle brennt, die kalte ſchwaͤrzt die Hand
12.
Sei’s in drei Monaten, drei Jahren oder Tagen
13.
Aus einem Feinde wird niemals ein Freund ein treuer
14.
Erliegen kann ein Mann, nicht ſich unmaͤnnlich halten
15.
Am Walde haͤtte nicht die Axt ſo leichtes Spiel
16.
Wenn ſich der Juͤngere zum boͤſen Wege neigt
17.
Ein treuer Spiegel iſt nicht jedem angenehm
18.
Der Fuͤrſten Ungluͤck iſt, daß jeder thun und ſagen
19.
Zwei Loͤwen einen Hirſch — die Theilung wird mißrathen
20.
Ein Koͤnig, dem das Reich ein andrer abgewonnen
21.
Der Baum legt niemals ſelbſt die Axt an ſeinen Fuß
22.
Der Rabe hat den Gang des Rephuns nachgeahmt
23.
Der alte Wolf vermag den Regen ſchon zu leiden
24.
Thun was ſchon iſt gethan, dergleichen thun die Thoren
25.
Laß dichs nicht aͤrgern, daß dir ein Stuͤck Wild entgangen
26.
Ein Kraͤmer liebt im Kram, was abgeht und gefaͤllt
27.
Wenn du fuͤr kleinre Gab’ undankbar biſt erſchienen
28.
Bitt’ um Verzeihung nur den der ſich glaubt gekraͤnkt
29.
Sonſt mocht’ ein Einzelmann in ſeinem Volk verſchwinden
30.
Wenn man das Boͤſe thut, ſieht man fuͤr klein es an
31.
Das Gute wiſſen, weit iſt noch das thun davon
32.
Der kann wol leiden, daß man ſeine Fehler ruͤgt
33.
Ein Weiſer uͤberhebt ſich nicht, wenn Thoren fallen
34.
Wer Gutes thut ſoviel er kann, und keinen Lohn
35.
Wer immer reicher nur will werden, iſt nie reich
36.
Des Weiſen ſtille Thraͤn’ iſt mehr wol als des Thoren
37.
Der Menſch, der ſinkt zum Thier, wird unters Thier verſinken
38.
Betruͤbt dichs wol, wie ſich an Thorheit Thoren laben?
39.
Lern Gutes ums zu thun, und Boͤſes ums zu meiden
40.
Dem ſind am wenigſten die Maͤngel zu verzeihn
41.
Gluͤck iſt dein Schatten, der entfliehet, wo du ihn
42.
Nicht viel ſind tauſend Freund’, ein einz’ger Feind iſt viel
43.
Man ſagt: der beſte Freund des Diebes, der zum Schaf
44.
Laß dich auf dieſem Markt von falſchem Schein nicht reizen
45.
Wenn die unreife Frucht du ſchuͤtteln willſt vom Aſt
46.
Die Feige herb und hart, weich kanſt du allenfals
47.
Wer Doͤrner auf den Weg legt, wo er gehen muß
48.
Gern wird der Nachbar heut friſchbacknes Brot dir borgen
49.
Die Menſchen ſind zu klug, um irgendwen zu loben
50.
Von dem ich keinen Schutz verlang’ und keinen Lohn
51.
Iſt kein Arbeiter doch um ſeinen Lohn betrogen
52.
Du ſchiltſt dich ſelbſt, wenn du dein Kind ſchiltſt ungezogen
53.
Die Schuͤler koͤnnteſt du, und ſie den Lehrer miſſen
54.
Schlimm, einem nicht vertraun, den man nicht kann entbehren
55.
Die Uebels thun, womit ſie wollen Gutes ſtiften
56.
Wer hat nicht Eitelkeit! die Klugen wie die Gecken
57.
Vergnuͤgen will man ſich in der Geſellſchaft nicht
58.
Das Gute liebt die Still’, es liebt nicht das Getoͤſe
59.
Gott gibt zu rechter Zeit ſtets, was du brauchſt zum Leben
60.
Wer ſich begnuͤgt zu thun das Gute niedrer Stufen
61.
Der Wahrheit Feierkleid, bekam es Luͤgenſtreifen
62.
Du klagſt, daß mancher dir gelohnt mit Undank hab’
63.
Viel lieber iſt mir doch ein Thuer als ein Sager
64.
Ich lobe mir den Mann, der das, was er nicht kann
65.
Ein Bild, ein Gleichniß macht der Sache Dunkles klar
66.
Die Fluͤgel wachſen nur der Ameiſ’ um zu ſterben
67.
Wenn du’s nicht brauchen kannſt, wozu haſt du’s gewonnen?
68.
Des Wolfs Heißhunger macht die Rechnung ohne Wirt
69.
Die Saite, wenn man ſie zu hoch will ſpannen, reißt
70.
Dem Manne ſteht, o Sohn, Mannhaftigkeit wohl an
71.
Wenn außen Waͤrme treibt und Sauerteig von innen
72.
Zuſammen iſt das Glas mit einem Stein getroffen
73.
Was hilfts den Zweig, an dem kein Apfel iſt, zu ſchuͤtteln?
74.
Wer an Unwuͤrdige verſchwendet Ehrenzeichen
75.
Lobt ihr das Schwert, wenn ihrs nennt ſchaͤrfer als den Stecken?
76.
Standunterſchied erſcheint vor Fuͤrſtenthron geringer
77.
Wenn Alten ſchlecht anſteht, was ſchoͤn an Jungen gilt
78.
Wo du nicht der Gefahr kannſt aus den Wegen gehn
79.
Was hab’ ich nun erkaͤmpft, daß ſtumpf ſind meine Waffen?
80.
Sohn, fuͤrchte Gott, damit dein Innres furchtlos ſei
81.
Hart wird zuletzt die Haut, die viele Streich’ empfangen
82.
Ein Odem warm und kalt iſt in des Windes Naſen
83.
Durch Wechſelbeiſtand kann auch Noth die Noth vertreiben
84.
Wer ſeinem Freunde nicht ins Auge ſehen kann
85.
Wenn Gutes dir entweicht, ſo ſuch’ es zu erreichen
86.
Wenn dich Gluͤckwechſel trifft, denk’, um dich nicht zu graͤmen
87.
Gib, was du geben willſt, eh man darum dich bat
88.
Nie Unrecht hab’ am Freund, doch eine deiner Gaben
89.
Sei auch beſcheiden gnug, ein aufmerkſames Ohr
90.
Des Freunds entbehren kann das Herz nicht, um zu leben
91.
Ein Strohſeil zieht ſogut wie eins aus Hanf geſponnen
92.
Wo’s theuren Guͤtern gilt, wehr dich, und ſei kein Haſe!
93.
An Sittenſpruͤchen hat der Arge ſein Vergnuͤgen
94.
Thu Gutes, wenn es auch vielleicht nicht rettet dich
95.
Der Freund iſt naͤher dir als du dir ſelber biſt
96.
Die Klugheit dieſer Welt iſt ſchlecht von Menſchen denken
97.
Der Thaler iſt nichts werth, ſolang er bleibt zu Haus
98.
Wenn ich vermoͤchte von den Schlacken zu befrein
99.
Was er geworden iſt, genuͤget nie dem Mann
100.
Beſtaͤndig iſt kein Gluͤck im Unbeſtand des Lebens
(III.)
1.
Mein Geischen! Winterlang iſt es uns ſchlecht ergangen
2.
„Was liegt am ird’ſchen Gut?“ wirſt du voll Großmut ſagen
3.
Schir Schah und Selim Schah — der Streit iſt lang genug
4.
Zur Zeit der Noth nennt man wol ſeinen Eſel Bruder
5.
Wie du im Kaͤfich auch ihn hegſt und pflegeſt fleißig
6.
Sie nahm den ſchlechten Mann, das war nicht recht bedacht
7.
So gehts in unſerm Haus. Der Zucker iſt geſtohlen
8.
Der Weber ſprach, als ich das Tuch nicht wollte loben
9.
Wenn du der Sonne wagſt ins Angeſicht zu grinzen
10.
Willſt du an Feindes Thor heut mit dem Finger pochen
11.
Du ſchlaͤfſt mit Speer und Schild geruͤſtet, und im Schrecken
12.
Man glaubt die Wahrheit nicht, wenn ſie ein Armer ſpricht
13.
Du ſelbſt heirateſt nicht, Heiraten willſt du ſtiften
14.
Wir ſcheiden uns nur nicht zu Aergernis-Vermeidung
15.
Wenn Freund zu Freunde kommt, ſtirbt des Verlaͤumders Macht
16.
Zwei Fehle ſchenk’ ich dir, den dritten Uebertritt
17.
Von unten ſcharfer Zahn, und ſcharfer Zahn von oben
18.
Laß gute Nachbarſchaft uns mit der Hexe halten
19.
Das kleine Pfefferkorn ſieh fuͤr gering nicht an
20.
Pflanz’ einen Mangobaum, pflanz’ eine Tamarinde
21.
Der Teufel hat die Welt verlaſſen, weil er weiß
22.
Die Katze, wenn ſie ſich der Schonung will befleißen
23.
Wenn du den Bettelſack einmal haſt umgehangen
24.
Fuͤr beide Theile iſt der Handel wohl gerathen
25.
Die Karawane klagt, daß man ihr Alles nahm
26.
Den Armen pluͤndert man, nur um die Luſt zu ſtillen
27.
Wenn Gott dich ſchlagen will, ſo braucht er nicht die Hand
28.
Wer keine Rettung weiß, waͤhlt einen Zauberſpruch
29.
Das kraͤnkt dich nicht ſoſehr, was Leides dir geſchehn
30.
Entweder wird das Schwert in meiner Hand mir weich
31.
Der ganze Vogel iſt oft keinen Heller werth
32.
Bei Unvertraͤglichkeit gedeiht kein Feur im Haus
33.
Ob die Melone fiel aufs Meſſer, ob das Meſſer
34.
Sei dem gefaͤllig, der an dir Gefallen traͤgt
35.
Man ſieht das Geld nicht an, das Leben nur zu ſparen
36.
Ein Gotteskaſten iſt des Armen leerer Bauch
37.
Roth faͤrbet mit der Schmink’ ein Weib ſich das Geſicht
38.
Du fuͤtterſt ihn umſonſt mit Pomeranzenkernen
39.
Wenn eine Jagd anſtellt der Loͤw’, iſts eine Freude
40.
Dem einen geht es hin, den andern gibt man frei
41.
Auf Kuͤnft’ges rechne nicht, und zaͤhl nicht auf Verſprochnes
42.
Wozu ſo lang der Schweif dem Pferde wuchs, dem edeln?
43.
Das Bethaus ſteht noch nicht gebaut mit ſeinen Pfoſten
44.
Ein halbes Koͤrnchen und ein ganzes hat der Tropf
45.
Der Mangel mag dem Fleiß einmal ins Fenſter ſchaun
46.
Ein ſchlechter Kreuzer wird vielleicht einmal zum guten
47.
Wenn nicht das Kindlein ſchreit, die Mutter es nicht ſtillt
48.
Neun Tage dauert Neu’s, und iſt nicht neu mehr ſchon
49.
Wer friſche Brunnen will an jedem Tage graben
50.
O brich den Faden nicht der Freundſchaft raſch entzwei!
51.
Mach’ in den Napf kein Loch, aus dem du haſt gegeſſen
52.
Wenn das nicht Ungluͤck iſt, was ſoll denn Ungluͤck heißen?
53.
O Gnade nun, Frau Katz’, und freſſet mich nicht ganz!
54.
Wenn du zum Spiel ablegſt dein Horn, der Kaͤlber halb
55.
Fuͤr einen Muͤckenſtich weißt du kein Mittel noch
56.
Ein grauer Bart am Hals, und noch die Kinderflecken!
57.
Das iſt gewis! die Magd, wo ſie wird Frau im Haus
58.
Verbrannt iſt dir dein Haus. „Verbrannt iſt nur das Holz.“
59.
Mein Beſtes bot ich auf, und ſchlecht iſt es gerathen
60.
Wenn ihr euch helfen wollt, muͤßt ihr einander helfen
61.
Zur Traͤnke draͤnget ſich am Dorfteich Rind und Lamm
62.
Geladen waren drei, und dreizehn ſind gekommen
63.
Ein Wunſch in deiner Bruſt, in deinem Haus ein Gaſt
64.
Der wird der Frau zu Haus ins Haar am erſten fahren
65.
Das widerſpenſtige Kamel wird doch beladen
66.
Nicht lauter Leben iſt dis Durcheinanderlaufen
67.
Ich hatte Zaͤhne ſonſt, da hatt’ ich Brocken nicht
68.
Das Fleckchen an der Wang’ iſt eine Zier, das ſchwarze
69.
Von einer Milchkuh nimmt man einen Stoß nicht uͤbel
70.
Von hundert Schlaͤgen, die der Goldſchmidt thut, trifft keiner
71.
Geh nur zum Brunnen hin, daß er den Durſt dir nehme!
72.
Kind! Mutter-Zaͤrtlichkeit iſt eigenes Gewaͤchſe
73.
Des dunkeln Hauſes Lamp’ ein wohlgerathner Sohn
74.
Von weitem kennt ein Mann am Dach ſein eignes Haus
75.
Die Augen halte zu, und deinen Beutel offen
76.
Der Kraͤmer, der nichts hat zu thun im Kramgemach
77.
Laß trinken, frommer Mann, die Durſt’gen, eh ſie flehten
78.
Zerbrochen oder nicht, das Toͤpfchen hoͤrt’ ich krachen
79.
Das Sperlingsweibchen traͤgt zu Neſt, das arme Schelmchen!
80.
Ein Feind ſchlaͤft ſelber nicht, und laͤßt uns auch nicht ſchlafen
81.
Du zwiſchen Feinden, wie die Zunge zwiſchen Zaͤhnen
82.
Gelehrſamkeit ſteckt an. In unſres Kadhi Haus
83.
Von meinen Zaͤhnen hab’ ich einige zum Kauen
84.
Die Peitſche hab’ ich ſchon, die Sporen auch, und werde
85.
Profeten meinen oft, ſie machen, was ſie ſagen
86.
Das Bethaus iſt in Schutt gefallen, aber hoch
87.
Wer kann die Linien in ſeiner Hand verwiſchen?
88.
Weh dieſer Welt! ſie gibt fuͤr heut uns Nahrungſorgen
89.
Ich ſpreche Feuer, und es brennt mich nicht im Mund
90.
Du haſt am hellen Tag die Wachskerz’ angefacht
91.
Zum Spielplatz laͤuft das Kind, man brauchts nicht hinzutreiben
92.
Nicht zaͤhle, was im Brand des Hauſes dir verbronnen
93.
Wer hinten ſchneidet ab, um vorn es anzuſtoßen
94.
Soll der bedrohte Baum nicht drein mit Freude ſchauen
95.
Der Raͤuber im Gebirg iſt auch ein freier Fuͤrſt
96.
Stets haſt du Recht, wenn du beim Richter biſt allein
97.
Geh du in die Moſkee, ich geh’ in die Pagode
98.
Durch Weihgeſchenk’ erwirbt der Reiche Himmelsgnaden
99.
Nicht viel zu leben, und nur leben in Benares!
100.
Ob du nach Mekka magſt, ob nach Benares wallen
(IV.)
1.
Es waͤſcht die eine Hand die andre, wie man ſpricht
2.
Der leere Eimer faͤllt von ſelbſt im Bronnen nieder
3.
Der Arbeit Buͤrd’ iſt leicht, und ſchwer des Dankes Laſt
4.
Beſſer ein altes Kleid mit eignem Drate flicken
5.
Das Wort des Mannes iſt von ſeiner Seel’ ein Theil
6.
Der ferne, der mich gruͤßt, iſt nah im Herzen mir
7.
Das iſt kein Gluͤck, was ich mit Herzblut muß erkaufen
8.
Und wenn Gott jeden Wunſch den Menſchen laͤßt erwerben
9.
Das Hehlen iſt ſo ſchlimm und ſchlimmer als das Stehlen
10.
Noch reden wird die Kuh in ihres Raͤubers Bauch
11.
Der Juwelier, wenn er den Edelſtein will faſſen
12.
Kind, wer dich lobt, will nur dein Loͤbliches verderben
13.
Wer Gutthat ſendet aus, wielang ſie auf den Wegen
14.
Die Vorſicht geht zu ſacht, die Zuverſicht zu keck
15.
Sei fleißig Tag und Nacht, und ſammle Gut ins Haus!
16.
Geld fuͤr Beleidigung iſt niederer Gewinn
17.
Des Thoren Herz und Geld ſind nie recht einverſtaͤndig
18.
Im letzten Haus, dem Sarg, haſt du nicht mehr Hausſorgen
19.
Wer von des Schickſals Hand noch keinen Streich empfand
20.
Etwas liegt an der Art, die Gott dem Keim verliehn
21.
Das hoͤchſte iſt die Gunſt, womit der Himmel ſchaltet
22.
Aus bittern Meeren zieht die Sonne ſuͤßes Waſſer
23.
Des Feuers Leben iſt, daß es ſich ſelbſt verzehrt
24.
Das Leben iſt ein Feur, die Luft muß es erquicken
25.
In jedem Athemzug gibt Leben auf ſein Leben
26.
Wer taͤglich ſammeln muß mit Sorgen ſeine Nahrung
27.
Nichts elender, als halb geſchlafen, halb gewacht
28.
Der Ruhm des Mannes iſt des Weibes hoͤchſter Reiz
29.
Geziemend iſt der Schmuck an Weibes Leib allein
30.
Ein reizendes Geſicht iſt kranker Augen Balſam
31.
Anfang und Ende ſind wol unter ſich verwandt
32.
Laß dich auf das nicht ein, wo dir die Sinne ſchwinden
33.
Leicht kommt hinein der Dieb ins unbewachte Thor
34.
Ein Stadtthor kanſt du wol verſchließen mit dem Riegel
35.
Das Rephun ißt ein Korn, dazu ein Koͤrnlein Sand
36.
Der Schwanz der Nachbarmaus iſt lang, die kannſt du fangen
37.
Mein Sohn, du wirſt das Gut von deinem Vater erben
38.
Darf ich vom Feſt der Stadt mir nur erzaͤhlen laſſen
39.
Im Haus der Großmuth gehn ſoviele aus und ein
40.
Der Jogi iſt zu Haus ein armer Bettler nur
41.
Mauleſel ward gefragt: Wer iſt dein Vater, ſprich!
42.
Wer weiß, ob eh’r das Glas zerbricht, ob eh’r der Krug?
43.
Wer nennet eine Laſt das was ihm dient zur Wehr?
44.
Den Eſel hungern ließ der Treiber, wo’s war eben
45.
Es geht ein krummes Schwert in eine krumme Scheide
46.
Des reichen Mannes Herz, das keine Großmuth faſſet
47.
Oft weiß nicht, wer von fern ſich weidet am Gefunkel
48.
Dein Feur — iſt jemand ſchon geworden warm davon?
49.
Wer in die Wuͤſte flieht, den Boͤſen zu entwallen
50.
Von weitem ſieht ein Fuchs den Fuchs auf ſeinem Gange
51.
Wenn uͤbers Haupt einmal mir ſollen gehn die Wellen
52.
Das iſt ein Unfall zwar, doch der mir muß gefallen
53.
Ein jedes Thier der Trift hat ſeine Nahrungsweiſe
54.
Du triumfireſt, daß der Wolf iſt hingeſtreckt
55.
Ich habe meinen Sinn, das Gluͤck hat ſeinen Kopf
56.
Der Feige, der gezeigt den Ruͤcken in der Schlacht
57.
Der Schaͤfer ließ ſein Schaf die beſten Kraͤuter eſſen
58.
Man muß den Todten doch, wie lieb er ſei, begraben
59.
Der Kruͤger ſelber trinkt aus einem alten Krug
60.
Wer ſich an heißer Milch einmal verbrannt die Naſen
61.
Du ſahſt die Schlang’ einmal, und dein beſorgter Blick
62.
Man kann, was man geſtand, nicht leugnen hinterher
63.
Das Kaͤtzchen buckelt ſich, und will Kamelchen ſeyn
64.
„Herr Strauß, wenn ein Kamel du biſt, ſo trage mir!“
65.
Ich muß dem Luͤgenden in ſeinem Hauſe glauben
66.
Wirfſt du nach einem Hund, der hungrig iſt, den Stein
67.
Ein ſchlechter Jagdhund iſt, der vorlaut bellend ſcheucht
68.
Du haſt die Spreu umſonſt durchwuͤhlt, wenn du nicht achteſt
69.
Nimm die Gelegenheit vorn bei dem kurzen Haar
70.
Zu einem ſtarken Pfeil gehoͤrt ein ſtarker Bogen
71.
Der Pfeil iſt gutgeſchnitzt, allein nicht zugeſpitzt
72.
Die Schlange wendet ſich und windet ſich mit Drehn
73.
Der ſchlechte laͤßt ſich nicht von ſeiner Schlechtheit treiben
74.
Thu’s, willſt du Gutes thun, und frage kein Orakel
75.
Der Eſel ſtolpert gleich, wenn er geht unbeladen
76.
Der Bettler hat zu Nacht im Haus kein beßres Licht
77.
Verachte nicht den Staub, der dir den Weg verdeckt
78.
Wenn uͤberm Raube ſich entzwein der Diebe Schaaren
79.
Die Schlange, wann der Tod fuͤr ſie geſchrieben ſteht
80.
Des Schneiders Nadel, weiß ſie nicht wo’naus vor Witz
81.
Zwar fromme Stiftung mag dir frommen; doch ein Licht
82.
Du kannſt die Lampe nur im Licht der Lampe ſehn
83.
Ein leeres Haus, worin die Menſchen nicht mehr wohnen
84.
Kein Reuter hat ein Schild vor des Geſchickes Pfeilen
85.
Wenn dir des Schickſals Hand will fallen in die Zuͤgel
86.
Das iſt des Habichts Amt, und der Beruf der Eule
87.
In dieſem Garten hatt’ ich auch einmal mein Neſt
88.
Die Buhlin, wenn ſie nun hat von den Buhlen Muße
89.
Des Schickſals Griffel wollt’ einmal ein Gluͤck mir ſchreiben
90.
Ich hab’ es ſelbſt geſaͤt, ich muß es ſelbſt auch ernten
91.
Der Koͤnig Aar fliegt hoch, Zaunkoͤnig hoͤher noch
92.
Was ſoll ein Vater thun, wenn ihm ein Sohn misrathen?
93.
Solang die Thoren nicht aus dieſer Welt verſchwinden
94.
Von ferne haͤlt die Hand ein kluger Mann ans Feuer
95.
Ein gutes Jahr geht fruͤh mit gutem Fruͤhjahr an
96.
Ein Reicher in der Fremd’ iſt uͤberall zu Haus
97.
Im Blick des Bettlers iſt die Bitte vorgetragen
98.
Der milde Mann, wie Gott, zu ſpenden ſeine Gaben
99.
Die herbe Traube thut, als ſei ſie ſchon Roſine
100.
Die Hand des Milden juckt, beſtaͤndig auszuſpenden
101.
Der Tapfre braucht ſein Schwert, der Feige ſeine Zunge
102.
Wer eine Schlinge legt und keine Beere drein
(V.)
1.
Was iſt ein Sinngedicht? Wie Mann und Weib verbunden
2.
Gewohntes wuͤnſch’ ich mir, doch mach’ ich zum Bedinge
3.
Ich moͤchte mir die Gunſt der Lilie gern erwerben
4.
Mach dich der Wuͤnſche leer, und andre wunſchesvoll
5.
Die Sinne luͤgen nicht, darauf mußt du vertraun
6.
Zur ew’gen Seligkeit kannſt du dich vorbereiten
7.
Gemuͤt iſt mehr als Geiſt, denn das Gemuͤt beſteht
8.
Zum Hauſe Gottes kommt man nicht uneingeladen
9.
Des Schneiders Nadel, bald auf Seide, bald auf Zwillig
10.
Der Wagen auf dem Schiff, das Schiff dann auf dem Wagen
11.
Ich zog, um obendrauf zu thun den letzten Stein
12.
Ich brauche gute Waar’, es iſt mir einerlei
13.
Die Roſe lacht im Thau, und denkt nicht an die Zaͤhren
14.
Dem armen Herzen bringt das kleinſte Gluͤck Beklemmung
15.
Der Weihrauch duftet nur, wo ihn die Glut verzehrt
16.
Herz, wundre dich nur nicht, wenn dir dein Haus ein Stein
17.
Der Andacht Thraͤne ſoll man nicht vom Auge wiſchen
18.
Du mußt den erſten Platz dem letzten nie einraͤumen
19.
Nichts wie die Schmeichelei iſt ſo gefaͤhrlich dir
20.
Der Vogel fuͤhlt ſich frei, im Kaͤfich aufgehangen
21.
Ich ſah vom Mond herab, da kamen alle Baͤume
22.
Selbſt die fuͤnf Finger ſind nicht gleich an einer Hand
23.
Dem Muͤßiggaͤnger fehlt es ſtets an Zeit zum Thun
24.
Wenn die Gewaͤhrung du nicht ſiehſt im Angeſicht
25.
Ein Schatten im Gemuͤt von einem deiner Gaͤſte
26.
Mit unverdientem Lob kannſt du vielleicht beſchaͤmen
27.
Die rechte Freundſchaft iſt von hinten wie von vorne
28.
Was Heil uns bringet, iſt ein Unheil nicht zu nennen
29.
Sieh, was die Weiſen thun, ſieh, wie’s die Thoren treiben
30.
Mußt du verpflichtet ſeyn, ſo ſei’s dem Ehrenmann
31.
Der Beeren hangen viel an einem Traubenſtiele
32.
Des Zahnwehs Heilung iſt, den Zahn dir auszureißen
33.
Man lebt nicht zweimal, und wie groß iſt deren Zahl
34.
Wenn du mir nahe biſt, und ich nichts ſeh von dir
35.
Der Freund, der lang’ uns ließ auf ſeine Ankunft hoffen
36.
Der Freund hat einen Strick gelegt um mein Genick
37.
Scheu du nicht ein Geſchaͤft, das dir kann Ruh erringen
38.
Gebet fuͤhrt halben Wegs zum Paradies, die Staͤrke
39.
Sei du der Kerze gleich, die ſich in Demut putzt
40.
Verzage nicht, mein Herz! das Ei kann Federn kriegen
41.
Wir hofften ſchon jahrein, nun laßt jahraus uns hoffen
42.
Ich glaubte mich gelobt, dir danken wollt’ ich ſchon
43.
Gruͤn wird vor Luſt ein Blatt vom andern Blatt am Baume
44.
Was du zur Grotte rufſt, das ruft dir aus der Grotte
45.
Zum Weinen muß das Herz ſich auch mit Luſt aufſchließen
46.
Dir ſelbſt und Gott getreu, und allen Menſchen gut
47.
Das Leben iſt ein Raub, das Leben eine Beute
48.
Wenn morgen kommt, will ich das Werk von morgen thun
49.
Das Gold, ſobald es hat erkannt den Edelſtein
50.
Der Traube Suͤßigkeit gib denen, die nicht lieben
51.
Von Freunden, dachten wir, ſei Freundſchaft zu erwarten
52.
Dein eignes Leben ſelbſt iſt laͤnger nicht dein eigen
53.
Gib nicht zu ſchnell dein Wort, ſo brauchſt du’s nicht zu brechen
54.
Wenn es das Gluͤck nicht iſt, ſo iſt es doch ſein Schein
55.
Das Gluͤck und das Verdienſt ſind von ungleicher Macht
56.
Trifft dich des Schickſals Schlag, ſo mach’ es wie der Ball
57.
Schlaͤgt dir die Hoffnung fehl, nie fehle dir das Hoffen!
58.
Die Lamp’ an einer Seit’, die Kerz’ iſt ringsum licht
59.
Wer Gluͤck im Hauſe hat, hat außerm Hauſe Luſt
60.
Wo unter einem Dach beiſammen zwei entgegen
61.
Warum thun Buße nicht, die Buße predigen?
62.
Haſt du die irdiſchen Geſchaͤfte ſchon gethan
63.
Gewinnen muß, wer nicht verloren gibt das Spiel
64.
Sei nur, wo’s irgendwas zu lernen gibt, gelehrig
65.
Ein Wammes, deſſen Schnitt nicht deiner Wamme paßt
66.
Ein Grashalm waͤchſt nicht leicht dem Palmbaum uͤbern Kopf
67.
Spricht Unvernunft, was hilfts daß da Vernunft ſich zeige?
68.
Verdiene dein Geſchick, ſei dankbar und beſcheiden
69.
Wen das Verhaͤngnis will in Schmach und Schande ſtuͤrzen
70.
Zu nah am Feuer brennt, zu fern vom Feuer friert
71.
Nur dem iſt Reichthum gut, der ihn mit gutem Fleiß
72.
Der Weisheit Lehren kann nur der Verſtaͤnd’ge deuten
73.
Wenn du willſt deinen Feind demuͤth’gen, ſei befliſſen
74.
Oft durch Nachſetzung wird ein Vorzug ſelbſt erbeutet
75.
Die Perle ſelber wird durchs Alter doch geringer
76.
Allein iſt beſſer als mit Schlechten im Verein
77.
Luͤg’ einfach, und ich glaubs; doch wenn hinzu du fuͤgſt
78.
Zur Unzeit rede nicht; denn jenem Hahne drehte
79.
Laß deine Zunge gleich der Zunge ſeyn der Wage
80.
Der Taube ſchreit alsob taub jeder Hoͤrer ſei
81.
Laß du der Kleriſei den geiſtlich ſcharfen Geifer!
82.
Kopfhaͤnger, geh mir weg! wie kann den Weg mir ſagen
83.
Die beſte Heilart iſt, vor Krankheit zu bewahren
84.
Zum Schutze gegen Gift reicht nicht geſunde Nahrung
85.
Dem Hungerleider gib ein Feld, daß er ſich naͤhre
86.
Wo irgend Herr und Hund einander kamen fern
87.
Der Vogel Leben iſt durchs Fenſter mir entſchluͤpft
88.
Wenn eines wirken ſoll, ſo laß das andre ruhn
89.
Des Manns Erfahrung ſieht ſoviel in einer Ziegel
90.
Ob Gold und Silber gleich nicht iſt in jedem Schacht
91.
Gepraͤgtes Silber zwar dient auf dem Markt zu Preiſen
92.
Du fragſt, wie auf den Baum der Apfel ſei gekommen?
93.
Verſchieb nicht, was du heut beſorgen ſollſt, auf morgen
94.
Oft hat das beſte Herz zum aͤrgſten ſich verirrt
95.
Gehilfen ſuch’ ich, die ſich auch zu helfen wiſſen
96.
Der Eſel iſſet wie der Diſtelfinke Diſtel
97.
Wie Wind im Kaͤfige, wie Waſſer in dem Siebe
98.
Selbſt um ein Wort hervor zu bringen, muß die Zunge
99.
So moͤcht’ ich leben, daß ich haͤtte, wenn ich ſcheide
100.
Lern’ auf die Augen thun, wenn nichts dir ſoll misgluͤcken
XVII.
1.
Wer unter Weiſen iſt nicht von den Ueberweiſen
2.
Aus der Vollkommenheit der Welt willſt du beweiſen
3.
Warum die Allmacht nicht ohn’ Uebel ſchuf die Welt?
4.
Sowahr du hier die Welt nur kannſt im Zwielicht ſehn
5.
Erſt zu erwerben dir ein Wiſſen, ſei befliſſen
6.
Wir haben uns geirrt, und werden mehr noch irren
7.
Die eine Hoffnung haſt du kaum zu Grab getragen
8.
In dieſem Arme, wo ein Sterbendes mir lag
9.
Die Hoffnung halte feſt: Gott wird dich nicht verlaſſen
10.
Wie kannſt du ungethan ein Fehlgethanes machen?
11.
Des Menſchen Schuldbuch iſt ſein eigenes Gewiſſen
12.
Verderblich iſt es, mit unrechtem Gut zu prunken
13.
Lob oder Schmaͤhung tritt nur durch das Wort ins Leben
14.
Das Recht ſteht huͤben und das Unrecht ſtehet druͤben
15.
Arbeiter dingt der Herr fuͤr ſeinen Arbeitstag
16.
Verſaͤume kein Gebet, doch das der Morgenroͤthe
17.
Du kannſt in deinem Haus, dem naͤchſten Tempel, beten
18.
In der natuͤrlichen Religion geboren
19.
Wer ſagt: Ich bin Gott nah! der iſt ihm fern geblieben
20.
Nicht gnug iſts, ſelber nicht zu haſſen noch zu neiden
21.
Der Weiſe ward befragt: Was wuͤnſcheſt du fuͤr Gaben?
22.
Die Ameiſ’ unterm Fuß der Leute wird zertreten
23.
Froh bin ich, durch zu ſeyn durch das Gedraͤng’ im Leben
24.
Wenn du ein Ungluͤck ob dem Naͤchſten ſiehſt verhangen
25.
O Vaͤter, Muͤtter, o Erzieher, habet Acht
26.
Mit Unrecht ruͤhmſt du dich, in freiem Haus zu walten
27.
Das Land der Kindheit ließ ich hinterm Ruͤcken liegen
28.
Ein langentfernter Freund, ein weitgetrennter, kam
29.
Sich ſelbſt genuͤgen und von andern nichts verlangen
30.
Den durſt’gen Gaumen labt ein Trunk, und nicht den ſatten
31.
Du moͤchteſt ſeyn wie der und jener, doch dabei
32.
Wenn du ſaͤhſt andern nach, was du dir ſelbſt nachſieheſt
33.
So gluͤcklich war ich, und ſo ſorglich es zu bleiben
34.
Warum beneideſt du, was andern iſt beſchieden
35.
So ſprach der Filoſof: Gebt Stoff mir und Bewegung
36.
Ich bitte, wollet mir nur Seel’ und Leib nicht ſcheiden
37.
Irrthuͤmer derer, die die Welt mit ihrem Wiſſen
38.
Wo mit der Dumpfheit ſich die Wiſſenſchaft verbuͤndet
39.
Denk nicht, daß Gott die Welt ließ eine Zeitlang laufen
40.
Weil du dich allerdings zu hoͤhern fuͤhlſt berufen
41.
Es iſt ein Geiſt, der ſo ſich ſeinen Leib vollkommen
42.
Was zu beweiſen iſt, iſt auch zu widerlegen
43.
Den Grund, auf welchem ruht dein Daſeyn, umzuwuͤhlen
44.
Das Auseinander hier im Raum, dort in der Zeit
45.
In einem Augenblick, wann ſtill der Geiſt verſunken
46.
Die Welt iſt nur, weil du biſt Koͤrper, koͤrperlich
47.
Haſt du einmal bedacht, daß du in einer Stunde
48.
Ich glaube nicht daß ich im Mittelpunkte ſtehe
49.
Wie du die Erde ſiehſt von Schoͤpferkraft durchwaltet
50.
Du fragſt, wie Ewigkeit du dir auf Erden dichteſt?
51.
Ihr meine Theueren, wo ſeid ihr hin gekommen?
52.
Der Geiſt, der weiß daß er aus eigner Kraft beſtreiten
53.
Die Welt iſt immer ganz, die du in Theile brachteſt
54.
Daheim im ſtillen Haus die Seele war befangen
55.
Im Herzen denkſt du auch, nicht blos in deinem Haupt
56.
Du kannſt dir deinen Leib, dein Schickſal auch, nicht machen
57.
Laß einen Augenblick, es ziemt dem Menſchenwitze
58.
Die Menſchheit koͤnnteſt du als einen Kreis wol denken
59.
Laß uns um Dinge, die wir nicht verſtehn, nicht ſtreiten
60.
Am beſten thuſt du, ſtill Lehrmeinungen zu hoͤren
61.
Entweder Oder iſt der Waffen, der zweiſchneidigen
62.
Wol wird aus Ja und Ja ſich nie ein Nein ergeben
63.
Der Tag geht nicht der Nacht, Nacht geht dem Tag voran
64.
Du mußt dich der Natur mit einem Schwung entſchwingen
65.
Abſchließen mußt du fuͤr dich ſelbſt einmal die Welt
66.
Philoſophie, wenn ſie an der Religion
67.
Das Wiſſen, wenn es nun will auch den Glauben wiſſen
68.
In meinem Glauben bin ich eins mit eurem, weil
69.
Laßt uns nur hin und her, her- und hinuͤber meinen
70.
Erkenn’ an einem Bild, daß nicht an Gottes Huld
71.
Dem Menſchenwitze wars vonje die ſchwerſte Plage
72.
Die Welt iſt ſchoͤn, die Welt iſt gut, geſehn als Ganzes
73.
Wol hat ein eigenes Bewußtſeyn jede Zeit
74.
Solang’ iſt nicht die Zeit auf ihre Hoͤh gebracht
75.
Biſt du gedankenlos, ſo geht mit offnen Ohren
76.
Sieh, wenn du willſt ein Bild von deiner Freiheit haben
77.
Wenn ich ſchon einmal war, ſo hab’ ichs nun vergeſſen
78.
Es gibt nichts einfaches, ein kleinſtes gibt es nicht
79.
Wie ſchwer iſt der Begriff von etwas zu erlangen
80.
Wer zweien Herren muß zugleich ſeyn unterthan
81.
Der Mond kehrt unverwandt ein gleiches Angeſicht
82.
O fuͤr wieviel der Welt biſt du zu Dank verpflichtet
83.
Was haͤtt’ uns koͤnnen Gott fuͤr Rechnungen erſparen
84.
Je naͤher jenem Kreis, wo graden Blicks die Sonne
85.
Wie um die Sonne rund Planeten gehn im Kreiſe
86.
Wer hat dir, Menſchengeiſt, die Wunder offenbart
87.
Wozu ſind all die Stern’ am Himmel nur gemacht?
88.
Wenn zwei zu gleicher Zeit, der hier aus flachem Thal
89.
Welt iſt Bewegung. Was bleibt unbeweglich wol?
90.
Die Sonn’ im Winter iſt uns naͤher als im Sommer
91.
Das alte Sprichwort ſagt: Nichts unterm Sonnenſtral
92.
Die kleinen Vier, die, ungeahnet alten Weiſen
93.
Das Alterthum beſchrieb mit lebensvollen Bildern
94.
Dem Mathematiker iſt darum nur gelungen
95.
Zwei ſcheinen ſich ſo nah, und kommen nie zuſammen
96.
Der Kraͤfte Triebrad muß, das blinde, ſich bequemen
97.
Mit Andacht ſprach ich: Gott, ich danke dir, daß du
98.
Halt an! das war ein Sprung; wie reimt ſich das zuſammen?
99.
Welch Ungluͤck, weder recht zu wachen noch zu traͤumen
100.
Das Denken, das ſich treibt in ungemeſſnem Gleiſe
XVIII.
1.
An einem Bache ſteht ein junger Roſenſtrauch
2.
Begluͤckt iſt wer den Weg der Suͤnde gar nicht kennt
3.
Wenn du nicht ausziehn kannſt den Fehler der Natur
4.
Du haſt es einmal brav gemacht, und meineſt nun
5.
Schon wieder haſt du nicht, was ich gewollt, gethan
6.
Die Mutter, die dem Kind nicht ſelber Nahrung ſchenkt
7.
O haͤtt’ ich Baͤume doch vor fuͤnfundzwanzig Jahren
8.
Nur das, wie klein es ſei, was du in dir erlebeſt
9.
Raͤum’ einen Anſtoß weg, der einen Schritt koͤnnt’ irren
10.
Der wird nicht wirken viel mit allen ſeinen Werken
11.
Wo uͤppig Unkraut waͤchſt, von Niemand angebaut
12.
Nicht Alles was du weißt, darfſt Allen du vertraun
13.
Nicht ſein Anliegen kann man ſtets dem Freunde ſagen
14.
Du weißt es tauſendmal, ſo Schlechtes auf der Welt
15.
Die Jugend iſt die Zeit, wo man nach Zweck und Ziel
16.
Der Untreu aͤrgſte Straf’ iſt, daß ſie nicht kann glauben
17.
Du ſprichſt: „Gar mancherlei Verdruß that man mir an
18.
Den Stein zum Anſtoß leg’ auf keines Bruders Wegen
19.
Den Gegner ſetze nicht herab, dem vorgezogen
20.
Beneide nicht den Mann um Ruhm, den er nicht hat
21.
Die Rach’ iſt ſuͤß, mein Sohn, wenn ſie unſchuldig iſt
22.
Die Hoͤflichkeit, o Sohn, iſt ſo vom Hof benannt
23.
Laß dich, Unwuͤrdigen zu geben, nicht verdrießen!
24.
Wenn du den Blinden ſiehſt, den armen Mann, den kranken
25.
Die Fehler, die an dir du ſelbſt nicht ſehen kannſt
26.
Dein freier Will’, o Menſch, ſoll dein nicht ſeyn und eigen
27.
Begreifen willſt du Gott? laß deinen bloͤden Eifer!
28.
Wie wuͤßt’ ein Menſch fuͤr ſich das was du biſt fuͤr dich?
29.
Du ſteheſt uͤberall an der Gedanken Graͤnze
30.
Ihr ſollt mir, ſprach der Herr, ein Volk von Prieſtern ſeyn
31.
Wer die Entſtellung nur des Alten ſieht im Neuen
32.
Wie lange werden um den Unterſchied der Zeiten
33.
Nicht ſchoͤner iſt es jetzt, als einſt es war, auf Erden
34.
Zur Angelegenheit des Herzens muͤßt ihr machen
35.
Vier Elemente ſind um dich, o Menſchenkind
36.
Wol vor dem Schoͤpfer iſt, was er geſchaffen, klein
37.
Der Glaubenseifer ruft: Gib die Vernunft gefangen!
38.
Warum iſt Pfaffengeiſt ſo eng und dumpf und klein?
39.
Thu, was der groͤſte that in ſeinem groͤſten Kreiſe
40.
In jedem Irrthum liegt von Wahrheit auch ein Kern
41.
Was Gott gebeut, das iſt er alles ſelber ſchon
42.
Ein Wandrer, wenn er geht geſellt mit einem andern
43.
Von Aberglauben iſt Unglauben ſtets begleitet
44.
Weh dir, o Poeſie in dieſer Zeit Gedraͤnge!
45.
Was nicht von Gott hebt an, und ſich zu Gott hin wendet
46.
Wie Pflanzen aus der Erd’, ohn’ ihr was abzubrechen
47.
Wie ſich ein Greis beſinnt auf ſeine Jugend wieder
48.
Es iſt ein Doppelweg im Glauben und im Hoffen
49.
Im goldnen Alter, da ein Paradies hienieden
50.
Nicht auf die eigne, nur auf ſeines Schiffes Noth
51.
Zum Herrſcher der Natur war einſt der Menſch geboren
52.
Die Blum’ im Felde klagt: Weh dieſer rauhen Wieſe!
53.
Du fragſt, ob jeder Menſch denn nicht zur hoͤchſten Stufe
54.
Die Eigenthuͤmlichkeit, des Menſchen ſchoͤnſte Bluͤte
55.
Wieſehr auch er fuͤrs Weib Lieb’ und Verehrung hegt
56.
Erſt vom Beduͤrfnis gehn die Kuͤnſte aus zumeiſt
57.
Die Freiheit iſt im Kampf mit der Nothwendigkeit
58.
Der erſte Urwohnſitz der Menſchen mit vier Fluͤſſen
59.
Laß dich nicht das Gewirr der Volksmundarten wirren
60.
O klage nicht, mein Geiſt, im finſtern Hauſe baͤnglich
61.
Kind! eine Tuͤchtigkeit, zu einem Zweck gewandt
62.
Wenn Freiheit du begehrſt, des Menſchen hoͤchſte Zierde
63.
Ein feſter Standpunkt ſei in deinem Kreis dir eigen
64.
Gleichwie das Hoͤchſte nicht iſt in der Kunſt zu nennen
65.
Von allen Thieren hat den Menſchen Gott zuletzt
66.
Viel Worte haſt du, Sohn, das Kind nur einen Schrei
67.
Wol kennt, vom Mutterarm zu fallen, die Gefahr
68.
Alswie ein Vater gibt die Freiheit ſeinem Sohne
69.
Von zweien Welten will die wahre jede ſeyn
70.
Die Blume hat gewis empfahn den Blumenſtaub
71.
Der Menſch macht alles ſich dienſtbar auf ſeine Weiſe
72.
Das Groͤſte gehet ein ins Kleinſte, und das Ganze
73.
Du ſagſt: Die Roſe bluͤht, es ſingt die Nachtigall
XIX.
1.
Hauch Gottes, Poeſie, o komm mich anzuhauchen
2.
Im Guten nicht allein, im Wahren auch und Schoͤnen
3.
Poeten, laſſet uns treulich zuſammen halten!
4.
Wer nichts Ehrwuͤrd’ges kennt, mit Ehrfurcht keinen nennt
5.
Die Wohlgeſtalt iſt ſchoͤn in jeglichem Gewande
6.
Wo der Gedanke fehlt, die unverwandte Richtung
7.
Der Dichter, der nur iſt ein Dichter, iſt ein Kind
8.
An alter Poeſie verbluͤhten Blumenbeeten
9.
Des Schrifterklaͤrers Fluch iſt Alles zu erklaͤren
10.
Begluͤckte Zeiten, wo ein einzig Angeſicht
11.
In Wahrheit lebenswerth war einmal nur das Leben
12.
Es iſt nur Eitelkeit, wenn du dir vorgenommen
13.
Du klagſt, unmoͤglich ſei fuͤrs Volk zu dichten heut
14.
Gefluͤchtet iſt die Kunſt zur irdiſchen Geſchichte
15.
Dem Dichter iſt das Weib die liebſte Richterin
16.
Die Kuͤrze lieb’ ich ſehr, der Rede Buͤndigkeit
17.
Ich will durchaus nicht thun, was wollen die und lieben
18.
Noch lange nicht genug geſchrieben und gedichtet
19.
Warum mit Reimen euch, und ſchweren Reimen, quaͤlen?
20.
Ein Ungluͤck iſt es wohl, daß ſich auf lange nicht
21.
In meinem Innern ganz iſt dis Gedicht vorhanden
22.
Ich liebe mir ein Lied mehr als ein Trauerſpiel
23.
Dann iſt, o Dichter, dir wahrhaft die Form gelungen
24.
Baumeiſterin Natur kannſt du an ihrer Schwelle
25.
Wo ſoviel Blumen bluͤhn, wie jetzt auf unſrer Flur
26.
Der Irrthum iſt nicht das, Einbildungen zu haben
27.
Geehret ſei das Wort! es iſt des Geiſtes Spiegel
28.
So thoͤricht iſt der Menſch nur auf ſein Weh befliſſen
29.
Zwei Arten gibt es wie man Sprachen lernen kann
30.
Wie kann im Gegenſatz der Werke der Natur
31.
Was Menſchenkunſt gemacht, darf man zu nah nicht ſehn
32.
Jemehr die Liebe gibt, jemehr empfaͤngt ſie wieder
33.
Was deine Seele denkt, was dein Gemuͤt empfindet
34.
Was allerbeſtes je von Weiſen ward geſprochen
35.
Wer Altgewoͤhnliches zum Ungewoͤhnlich-neuen
36.
So breit geworden iſt nun Kunſt und Wiſſenſchaft
37.
Um mit Vertraun ein Wort zu wagen, mußt du deſſen
38.
Wenn du dein eignes Ich nur ſpiegelſt, ſoll das mich
39.
Schoͤn iſt Geringſtes, das die rechte Form gefunden
40.
Die Unvollkommenheit der Sprach’ hab’ ich verachtet
41.
Wie ein Botaniker nur von Profeſſion
42.
Wol iſt die Poeſie ſtets vor der Welt voraus
43.
Befriedigung alswie im kleinſten Sinngedichte
44.
Wo hoͤrt die Heimat auf, und faͤngt die Fremde an?
45.
Gar viel Perſonen ſind beiſammen im Poeten
46.
Die Sprache wirſt du bald unter- bald uͤberſchaͤtzen
47.
Daß nicht ein Menſch die Sprach’ erfunden, glaubt ihr lang
48.
Was iſt ein Sinnbild? Was der ſchoͤne Name meint
49.
Wann iſt ein Gleichniß gut? Wenn man ſoweit es fuͤhrt
50.
Mit Worten malt man auch; mal’ immer aus den Schalen
51.
Das Wortſpiel ſchelten ſie, doch ſcheint es angemeſſen
52.
Das Wortſpiel will ich auch wol deiner Sprach’ erlauben
53.
Zwei Dichter weiß ich, die zur hoͤchſten Hoͤhe flogen
54.
Pfui dem Geſchlechte, dem der Zorn ins Angeſicht
55.
Was du nicht lieben kannſt, mußt du darum nicht haſſen
XX.
1.
Lob Ihm, mit deſſen Huͤlf’ auch das iſt abgethan!
2.
Drei Jahre ſind es ſchon, ſeitdem ich dich mit Schmerzen
3.
Man ſchreibt mir, und vermeint, was wicht’ges man mir ſagt
4.
Den Tadler ehr’ ich, der die Richtigkeit des Zieles
5.
Nach den Umſtaͤnden ſich zu richten, nach der Zeit
6.
Ein wahrer Herbſttag iſt, ein herber Herbſttag heut
7.
Die Wolken kalt und grau, die dich am Tag gehaͤrmt
8.
Vorm Spiegel auf dem Tiſch im Koͤrbchen ſtanden Fruͤchte
9.
Du klageſt auch, o Freund, nicht recht mit dem zufrieden
10.
Die Zeiten ſind vorbei, wo ein gefluͤgelt Wort
11.
Arbeitſam willſt du ſeyn, doch nicht Erholung miſſen
12.
Du frageſt, was du ſollſt, was nicht, in Verſe bringen?
13.
Befreit vom Foͤrmlichen, das euch hielt eingebannt
14.
Daß, der im Weg uns ſtand, zur Seite ſei geſchoben
15.
Wem ſchenk’ ich dieſes Buch? Dir? Deinem Schweſterlein?
16.
Du unbeſchriebnes Blatt, nun komm’ und ſei beſchrieben
17.
Etwas erwart’ ich, was? der Nam’ iſt ungenannt
18.
Mein Sohn, es haben dich die Meiſter abgewieſen
19.
Ein Dichter iſt ein Thor, der das der Welt zu zeigen
20.
Der Markt iſt voll, die Welt will mit ſich ſelbſt verkehren
21.
Du klageſt, junger Freund, unfreundlich ſei dein Haus
22.
O meine Blume, die dereinſt mein Grab ſoll zieren
23.
Ein junger Kritiker und Dichter tritt ins Feld
24.
Ob wirklich ein Gefuͤhl der Krankheit heimlich nagt
25.
Als du mich kamſt zu ſehn, war ich zu Hauſe nicht
26.
Du fuͤhlſt dich heim bei dir ſtiefmuͤtterlich bedacht
27.
Ihr meinet wol, ich ſchwimm’ in lauter Ueberfluſſe
28.
Der Freund iſt immerfort vor meiner Seele Augen
29.
Ich moͤchte wiſſen, wo der Freund zur Stunde weilt
30.
Aus Mitleid hab’ ich heut’ ein ſchlechtes Buch geleſen
31.
Du ſagſt: die ganze Stadt bewohnt ein Thorenſinn
32.
Aus Freundſchaft hat der Freund den Freundſchaftsdienſt erwieſen
33.
Die Freunde haben mir den Becher uͤberſendet
34.
Wofuͤr belohnt ihr mich? Was hab’ ich oͤffentlich
35.
Ihr meine Nachbarn einſt, nicht meine Nachbarn mehr
36.
Verwoͤhnen werden dich geſchenkte Leckerbiſſen
37.
In dieſen Tagen, da mir manch Gedicht gelungen
38.
Komm, laß uns gehn aufs Feld, das lang wir nicht beſuchten
39.
Freund, lange maßeſt du die Welt mit Winkelmaßen
40.
Sohn, auch Aſtronomie hat mit Gaſtronomie
41.
Wer nur das Kleinſte thut, was recht ihm duͤnkt und gut
42.
Welch ein geſegnet Jahr! wie ſchoͤn der Fruͤhling war!
43.
Du ſagſt: „Nicht uͤbel iſt der Garten deiner Wahl
44.
Die Flur, auf deren Gruͤn geliebte Blicke weilten
45.
Beim Schlafengehn, als ich das Licht loͤſcht’ in der Nacht
46.
Die Schoͤnheit nur zu ſehn im Schoͤnen, iſt nicht ſchwer
47.
Am beſten geht es oft, wenn du es laͤſſeſt gehn
48.
Schwer zu vertragen iſt fuͤr eines Mannes Magen
49.
Verſchieden iſt im Grund, und wie es iſt ſo bleib’ es
50.
Herr, deine Welt iſt ſchoͤn, Herr, deine Welt iſt gut
51.
Geh’ unempfindlich nicht und ungeruͤhrt vorbei
52.
Gott iſt ein Geiſt, und kann des Leibes nicht entbehren
53.
Zum reinen Schoͤnen nicht vermagſt du zu gelangen
54.
Laßt auf der Stelle, wo er ſteht, doch ſtehn den Mann
55.
Bin ich derſelbe noch, den alle nun wettloben
56.
Viel Freunde hab’ ich, die mehr meiner Poeſie
57.
Zu troͤſten brauch’ ich dich in deinem Leiden nicht
58.
Es thut mir leid, daß du mich misverſtanden haſt
59.
O Herz in ew’gem Kampf, wann gibſt du dich zu Frieden?
60.
Stets beſſerſt du an dir, und immer findeſt du
61.
Du haſt gewis dein Theil von Luſt, was du genoſſen
62.
Halt’ aufrecht, lieber Sohn, den Wuchs und deinen Geiſt
63.
Herr, da du jedem Ding haſt aufgedruͤckt dein Zeichen
64.
Das iſt das Wetter nicht, das, als ſie mich gebar
65.
Der Lieb’ ohn’ Eigennutz freu dich, die du gewannſt
66.
Der Bauern Sprichwort ſagt, mein Sohn: wenn auf dem Sand
67.
Die Gegend koͤnnte mir ganz anſpruchlos gefallen
68.
Empor vom Berge ſtrebt, und zwiſchen Wolken duftig
69.
Hoch zwiſchen Klippen hat ein Truͤpplein Baͤum’ ihr Heil
70.
Sieh wie den Zweck erreicht, und der Gefahr entweicht
71.
Rein kann ich nur mich freun der ſtillen Pflanzenwelt
72.
Bleibt mit den Hoͤlen, die ich ſehn ſoll, mir vom Leibe!
73.
Warum ich gangen bin aufs Land und ſitzen blieben
74.
Von einem Freunde kanſt du Freundesdienſt’ annehmen
75.
O daß ich ſaͤhe, wie du dort mir in bekannter
76.
Verbannung immer iſt die allerkleinſte Reiſe
77.
Wenn die Natur dir lacht, vergiſſeſt du dein Haus
78.
Von Gott laͤßt man ſich viel, laͤßt alles ſich gefallen
79.
Einſt meine Leſerinn biſt du als Braut geweſen
80.
Ein zierliches Beſteck, das drei Glimmſtengel faßt
81.
Zu hoͤren wuͤnſcheſt du von drei beruͤhmten Frauen
82.
Wer Krieg hat mit der Welt, ſollt’ er ſich nicht erlauben
83.
Nur oͤfter ſolltet ihr, ſtatt euch ſo fremd zu bleiben
84.
Die Stroͤme liefen all gerades Wegs ins Meer
85.
Wenn du den armen Mann beſchenkt haſt mild und guͤtig
86.
O ſchoͤne Zeit, wo ſchoͤn noch war intereſſant
87.
Viel Freunde haben, doch zuviel nicht allen traun
88.
Ein Herzog ward befragt, ob er auch Jagdhund’ halte
89.
Wird doch nicht uͤbers Kind der Vater ungeduldig
90.
Durchblaͤttern wollt’ ich auch fuͤr dich die Kinderſchriften
91.
Es iſt nicht wahr, daß man ein Gluͤck, das man nicht kennt
92.
Sohn, ehrenhalber ſollſt du nie thun, was du thuſt
93.
Der Einſicht ſchadet nur Gelehrſamkeit zu große
94.
Laß uͤber dieſes Buch uns nun zum Urtheil ſchreiten!
95.
Du fragſt, warum die Welt uns ſo gar ungleich haͤlt
96.
Ei wie! an einem Tag verſchlingſt du alle Speiſe
97.
Zwei Muſterbilder ſtehn vor euerer Beſchauung
98.
Ich bin in andrer Zeit, ich bin in anderm Raum
99.
Von keinem Helden, der noch lebet, ſollſt du ſingen
100.
Schaͤmſt du dich nicht, ſo breit dich auf der Welt zu machen
101.
Sieh nur, wer ſind ſie denn, die nach dem Ziel hier laufen
102.
Was machet groß und breit ein Buch? Unwiſſenheit
103.
Beſcheiden iſt, wer ſich beſcheidet, wer beſcheiden
104.
Gegen den Juͤnger nimmt vertrauliche Geberden
105.
Wenn den Gealterten es freut, ſich ſelber jung
106.
Wie wenig oder viel des Schoͤnen mir gelang
107.
Ein Vater nur haſt du’s gehoͤrt? beneidet nicht
108.
Worin beſteht die Luſt, die eigne Luſt, auf Fluren
109.
Mein Freund, laß uns nur nicht ſo ſchnell bei Seite ſchieben
110.
Wieweit die Kraͤfte, die dir Gott gab, ſich erſtrecken
111.
Wenn ihr vielleicht vermißt in dieſem Buch die Einheit
112.
Daß er dich ruͤhrt, gedeiht — es iſt nur eine Probe
113.
Nur was den Ton angibt, in dem du biſt geſtimmt
114.
Mein Freund! ich liebe nicht ein groͤßeres Gedicht
115.
Mein junger Freund, du haſt ſo gut als wir begonnen
116.
Einmal gethanes ſoll man nicht noch einmal machen
117.
Ich habe kaum, und nun muß ich mich drum verklagen
118.
Verſteh mich, liebes Kind! ſowenig als mir nun
119.
Du hoͤrſt ein Buch als gut von guten Freunden preiſen
120.
Des Ruhmes Garten wird nie blumenleer gepfluͤckt
121.
Mit meinen Soͤhnen ging ich wandernd uͤber Land
122.
Es aͤrgerte mich wol, daß von den braunen Haaren
123.
Die Seherinnen, die ſtatt Augen andre Glieder
124.
Es war ein Mann — vielleicht iſt mancher noch im Raume —
125.
Zufrieden mußt du ſeyn, zufrieden mit der Welt
126.
Nicht im Gedanken laß die Wirklichkeit verſchweben!
127.
Es iſt ein Ewiges, das wandelt und das bleibt
128.
Mit Unvollkommenheit zu ringen, iſt das Looß
129.
Wer ſtill ſteht, bleibt zuruͤck, wenn Andre vorwaͤrts gehn
130.
Von Zeit zu Zeit ein Schlag dem uͤbermuͤt’gen Knaben
131.
Wie iſt die Autorſchaft ein dorniger Beruf
132.
Sohn, der Tabakrauch auch, wozu ich dich anleiten
133.
Was ſteht auf dieſem Ring? der Gaſtfreund ſandt’ ihn mir
134.
Am letzten Tag des Jahrs blick’ ich zuruͤck aufs ganze
135.
Am Neujahrsmorgen merkt man wol auf Schickſalszeichen
136.
Der Ehrgeiz gibt nicht Ruh noch Raſt dem, der ihn hegt
137.
Nicht leicht vergeht ein Tag, an dem nicht was geſchah
138.
Mit deinem Lernen iſts im Augenblick vorbei
139.
Die Freunde ſchweigen ſtill; kein Laut hat mir entdeckt
140.
Der ſchlechte, wenn er fuͤhlt ſein Unrecht, wird dich haſſen
141.
Die Welt iſt eben Welt, Welt uͤberall; ſie kennen
142.
Noch immer fand ich, wann ich gieng auf neuen Wegen
143.
Nicht traͤge mußt du ſeyn dich zu vertheidigen
144.
Mein Sohn, wenn du in dir haſt aufgebaut ein Wiſſen
145.
Auf hoher Alpe ſteht die Pflanze feſt im Bodem
146.
Iſt Geben ſeliger als Nehmen, wie man ſpricht
147.
Du in Gemaͤchlichkeit geſaͤttigt und bekleidet
148.
Im Fruͤhling fuͤhl’ ich mich verbunden mit der Welt
149.
Falſch, lieblos iſt die Welt; doch welches Herz vom Glauben
150.
Die ſchoͤnſten Lieder, die aus vollſtem Herzen dringen
151.
Ihr moͤgt mich umganglos und ungeſellig ſchelten!