Der Fuͤrſt ritt auf die Jagd, und ward durch ein Gewitter
Getrennt vom ſtattlichen Geleite ſeiner Ritter.
Er fand zum erſtenmal, woran er nie gedacht,
Ohnmaͤchtig ſelber ſich in eines Hoͤhern Macht.
Ihm war nun Heer und Hof und Herrſchaft ohne Nutz,
Er ſuchte gegen Sturm im offnen Felde Schutz.
Er ſpaͤhte weit umher, und ſah mit halber Freude
Zuletzt ein laͤndliches unſcheinbares Gebaͤude.
Mit Unmuth trat er ein ins niedre Huͤttendach;
Mit ſeiner Tochter ſaß ein Vater im Gemach.
Der alte Vater herb, ein Landmann ſtarr und ſproͤde,
Die junge Tochter mild, ein Landkind hold und bloͤde;
Alsob ein alter Dorn mit rauhbemooſ’tem Nacken
Die ſchoͤnſte Roſe truͤg’ als Schmuck an ſeinen Zacken.
Der Fuͤrſt gewahrte nicht die Roſe duftumſchwommen,
Und hoͤrt’ es kaum, wie ihn der Vater hieß willkommen.
Der Tochter winkte der, die ſich mit Anſtand ſchuͤrzte,
Dem Gaſt ein Mahl auftrug, und es mit Anmuth wuͤrzte.
Das Mahl blieb unberuͤhrt, der Gaſt ſtumm und verdroſſen,
Die Wuͤrze merkt’ er nicht, ſonſt haͤtt’ er es genoſſen.
Er dacht’ im ſtillen Kreis an ſeinen lauten Troß,
Und aus der nackten Huͤtt’ in ſein vergoldet Schloß.
Da trat am Abend ein des Bauern Knecht, der Hirte,
Und um der Herde Stand ward er befragt vom Wirthe.
Er ſprach: die Herde war noch nie in ſchlimmerm Stande,
Die Nahrung ſcheint ihr nicht mehr anzuſtehn im Lande.
Die Euter alle ſind verſiegt, es hilft kein Fuͤttern,
Den eignen Laͤmmern wird kein Trunk von ihren Muͤttern.
Der alte Landmann wiegt ſein Haupt erſtaunt: Verſiegt
Die Euter auf einmal! Wer ſagt, woran das liegt?
Da hebt die Tochter an: Es liegt allein daran,
Daß nicht des Fuͤrſten Herz dem Land iſt zugethan.
Denn wo nicht zugethan der Himmel iſt der Erde,
Alda verſchmachten muß aller Lebend’gen Herde;
Und alſo, wo der Fuͤrſt in Liebe nicht dem Land
Iſt zugethan, das ihm vertraut des Himmels Hand.
Der Alte ſprach: Was bleibt denn uͤbrig, als zu wandern
Aus einem Land, das Gott verlaſſen hat, zum andern?
Geh, Hirte, gib dem Vieh hier ſeine letzte Raſt!
Und du, o Tochter, trag dein letztes auf dem Gaſt!
Wir haben manchen hier geſpeiſet und getraͤnket;
Nun ſchaffe, daß mit Dank es dieſer uns gedenket!
Wir werden keinen Gaſt hier traͤnken mehr und ſpeiſen;
Wer weiß, im fremden Land wer uns es wird erweiſen?
Da ſah der Fuͤrſt ſie an, die ſich mit Anſtand ſchuͤrzte,
Ein neues Mahl auftrug, und es mit Anmuth wuͤrzte.
Das Mahl blieb unberuͤhrt; doch, wenn ers nicht genoß,
Nicht war es weil er dacht’ an ſein vergoldet Schloß;
Vielmehr weil er ans Wort, das ſie geſprochen, dachte,
Von dem zuerſt die Lieb’ in ſeiner Bruſt erwachte;
Die Liebe fuͤr ſein Land, mit welcher Hand in Hand
Vielleicht noch eine gieng, die er ſich nicht geſtand.
Zum Herzen ſprach er: Weh dem Trotz, der dich bethoͤrte,
Der wie ein Fluch das Gluͤck unſchuld’ger Huͤtten ſtoͤrte!
Daß ſo der Segen fehlt, wo Liebe nicht vermaͤhlt
Dem Land des Fuͤrſten Herz, warum blieb mirs verhehlt?
Er dachte nach, da trat von neuem ein der Hirte,
Und um der Herde Stand ward er befragt vom Wirthe.
Er ſprach: die Herde hat ſich anders nun beſonnen;
Der Muͤtter Euter ſchwillt und fuͤllet alle Tonnen.
Wetteifernd laſſen ſie die Milch im Kuͤbel ſchaͤumen;
Sie haben offenbar nicht Luſt das Land zu raͤumen.
Der alte Landmann lenkt den Blick, den er geſenkt,
Der ſinn’gen Tochter zu, die wohl weiß was er denkt.
Und laͤchelnd hebt ſie an: Das liegt gewiß daran,
Daß nun des Fuͤrſten Herz dem Land iſt zugethan.
Denn wo nur zugethan der Himmel iſt der Erde,
Da naͤhret ſich mit Luſt aller Lebend’gen Herde.
Und alſo, wo der Fuͤrſt in Liebe ſeinem Land
Iſt zugethan, das ihm vertraut des Himmels Hand.
Der alte Landmann ſpricht: Der Himmel ſei geprieſen,
Daß er zu rechter Zeit dem Land die Huld erwieſen.
Das Land zu raͤumen, wird nun keine Noth uns dringen;
Doch wer wird unſern Dank dem Fuͤrſten hinterbringen?
Ich ſeh’ an dir, mein Gaſt, nachdem dir am Gewand
Der Regen trocknete, du biſt von edlem Stand.
Bring morgen, wenn du ziehſt, die Kund’ ins Fuͤrſtenhaus;
Heut aber ruh vergnuͤgt in Bauernhuͤtten aus.