Don Massias aus Gallizien
Mit dem Namen: der Verliebte,
Saß im Thurm zu Arjonilla,
Klagend um die Treugeliebte.
Einen Grafen, reich und mächtig,
Gab man jüngst ihr zum Genossen,
Und den vielgetreuen Sänger
Hält man ferngebannt, verschlossen.
Traurig sang er oft am Gitter,
Machte jeden Wandrer lauschen,
Theure Blätter, liederreiche,
Ließ er oft vom Fenster rauschen.
Ob es Wandrer fortgesungen,
Ob es Winde hingetragen:
Wohl vernahm die Heißgeliebte
Ihres treuen Sängers Klagen.
Ihr Gemahl, argwöhnisch spähend,
Hatt’ es alles gut beachtet:
„Muß ich vor dem Sänger beben
Selbst wann er im Kerker schmachtet?“
Einsmals schwang er sich zu Pferde,
Wohlgewaffnet, wie zum Sturme,
Sprengte nach Granada’s Grenze
Und zu Arjonilla’s Thurme.
Don Massias, der Verliebte,
Stand gerade dort am Gitter,
Sang so glühend seine Liebe,
Schlug so zierlich seine Zither.
Jener hub sich in den Bügeln,
Wuthvoll seine Lanze schwingend;
Don Massias ist durchbohret,
Wie ein Schwan verschied er singend.
Und der Graf, des Siegs versichert,
Kehret nach Gallizien wieder.
Eitler Wahn! es starb der Sänger,
Doch es leben seine Lieder;
Die durch alle span’schen Reiche
Tönevoll, geflügelt, ziehen,
Andern sind sie Philomelen,
Jenem nur sind sie Harpyjen.
Plötzlich oft vom Freudenmahle
Haben sie ihn aufgeschrecket,
Aus dem mitternächt’gen Schlummer
Wird er peinlich oft erwecket:
In den Gärten, in den Straßen
Hört er Zithern hin und wieder,
Und wie Geisterstimmen tönen
Des Massias Liebeslieder.