Schon oͤfter hab’ ich dir in Raͤthſeln vorgetragen
Antworten, die ſich gibt die Seel’ auf Zweifelsfragen,
Auf Fragen, die ſie an ſich ſelbſt thut uͤber ſich:
Woher, woraus, wovon, wofuͤr, wozu bin ich?
Wozu kam ich hieher? von welchem Trieb getrieben?
Und warum bin ich nicht dort wo ich war, geblieben?
Bin ich herabgeſandt? bin ich herabgebannt?
Hab’ ich, und weiß nicht mehr, mich frei herabgewandt?
Herabgeflogen wol? villeicht herabgeſtiegen?
Herabgefallen gar? am beſten waͤre Fliegen.
Wenn ich herab einſt flog, werd’ ich hinauf einſt fliegen;
Wenn ich herunter fiel, wie lange ſoll ich liegen?
Das, Seelchen, ſag’ ich dir: du biſt gewis geflogen,
Wenn als ein Vogel nicht, doch wie ein Pfeil vom Bogen.
Vernimm den Ernſt von mir: Zwei Schwingen dienten dir,
Die eine Langeweil, die andre Neubegier.
Langweile war es muͤd’ im ew’gen Chor zu ſchweben,
Neugierde fuͤhlte Luſt was andres zu erleben.
So trugen ſie dich her, zu buͤßen ihre Luſt,
Und immer fuͤhlſt du noch die beiden an der Bruſt.
Ihr Nagen in der Bruſt fuͤhlſt du mit Unbehagen,
Und wuͤnſcheſt daß ſie dich nur immer weiter tragen.
Ich rathe dir, wann du kommſt einmal heim zu ruhn,
Die beiden Schwingen ganz und gar dann abzuthun.
Doch, bleibt noch Trieb in dir, wird er ſie wieder treiben,
Und wieder wirſt du dort nicht lange koͤnnen bleiben.
So fleug denn, weil du mußt! Ich aber, wenn Gefieder
Mir ſproßte, floͤg’ ich auf, und nie herunter wieder.
Denn, ob ich es zur Zier ſag’ oder Schande mir:
Mit Langeweile fehlt mir auch die Neubegier.
Ich bliebe fort und fort gar gern an einem Ort,
Solang es ſeyn ſoll, hier, und wann es ſeyn kann, dort.