Ich war im fremden Land in Sklaverei gekommen,
Da hat ein frommer Herr ſich meiner angenommen.
Ich dient’ ihm treu ein Jahr, da gab er ſchon mich frei,
Und mir als Lohn dazu der Silberſtuͤcke zwei.
Sogleich gelobt’ ich eins zur Heimreiſ’ anzuwenden,
Das andre dankbar als Almoſen auszuſpenden.
Da kam ich uͤber’n Markt, und nahm im Kaͤfich wahr,
Vom Faͤnger zum Verkauf geſtellt, ein Vogelpaar.
Was iſt fuͤr einen der Gefangenſchaft entgangnen
Verdienſtlicher als frei zu kaufen die Gefangnen?
Fuͤr beide forderte der Mann zwei Silberſtuͤcke;
Doch eins behielt’ ich ſelbſt zur Reiſe gern zuruͤcke.
Ich bot ihm auf die zwei ein Stuͤck, nicht wollt’ er’s thun.
So kauf’ ich alſo los von beiden einen nun?
Allein ſie ſind vielleicht ein Paar, ſollt’ ich ſie ſcheiden?
Da blieben beſſer in Gefangenſchaft die beiden.
Doch wollt’ er fuͤr die zwei durchaus zwei Silberſtuͤcke;
Die beiden gab ich hin, und mir blieb keins zuruͤcke.
Der dieſe ſpeiſt und traͤnkt, wird traͤnken dich und ſpeiſen,
Er wird wie ihnen dir den Weg zur Heimat weiſen.
Doch ließ’ ich hier euch los in der euch fremden Stadt,
Wo gaſtlich euch empfaͤngt kein Baum mit gruͤnem Blatt?
Von neuem wuͤrden hier euch fangen bald die Boͤſen,
Und einer fehlte dann vielleicht um euch zu loͤſen.
So trug ich ſie hinaus zur Stadt, hinaus vom Weg,
Ins unzugaͤnglichſte Waldeinſamkeitsgeheg.
Und ließ ſie los, und wie ſie froh empor ſich ſchwangen,
Hoͤrt’ ich, wie unter ſich ſie ſprachen oder ſangen:
Womit vergelten wir dem Manne, der ſein Geld
Daran verwendet, uns zu bringen frei ins Feld?
Moͤg’ ein geliebtes Weib er ſein in Zukunft nennen,
Daß er ein Vogelpaar nicht grauſam wollte trennen.
Wir kennen Weg und Steg, wir kennen Land und Stadt,
Und wuͤrden Boten gern, wenn er ſie noͤthig hat.
Doch lieber ſollten wir ihm einen Fuͤhrer geben,
An deſſen Hand der Menſch am liebſten geht durchs Leben.
Kennſt du nicht einen Platz, kennſt du nicht einen Schatz,
Der koͤnnte dienen ihm zum Reiſegeld-Erſatz?
Dort unter jenem Baum dem duͤrren ſoll er graben,
Dort liegt aus alter Zeit ein Silberſchrein vergraben.
Daraus nehm’ er ſoviel um unterwegs zu zehren,
Und mehr, um ſeiner Braut daheim es zu verehren. —
Sie ſchwangen ſich hinweg, und ich ſah nach und dachte:
Ob ich die Schwaͤtzerei der Loſen wohl beachte?
In Luͤften fliegen ſie, und wollen ſich geberden,
Verborgne Heimlichkeit zu wiſſen in der Erden.
Wie haͤtten einen Schatz geſehn die Muͤßiggaͤnger,
Die nicht die Schlinge ſahn, gelegt vom Vogelfaͤnger?
Doch blind und ſehend macht, zum Frommen und zum Schaden,
Das Schickſal, es iſt groß, doch groͤßer Gottes Gnaden.
In Gottes Namen denn am angewieſ’nen Platz
Fieng ich zu graben an, und fand den Silberſchatz.
Ich fand fuͤr meine zwei ſoviele Silberſtuͤcke,
Daß ich davon nach Haus baun koͤnnte Weg und Bruͤcke.
Doch Weg und Bruͤcke war gebahnt ſchon und gebaut;
Ich nahm nur wenig mit zum Schatz fuͤr meine Braut.