1.
In Gesichten und Gedichten
Was mir Schönstes je erschienen,
Habt ihr alles überschönet;
Und ich staunte, daß ich lebend
Sollt’ in euch vor Augen sehen,
Was ich nur geglaubt, es lebe
In Gedichten und Gesichten.
Aus Gedichten und Gesichten
Daß wie Bilder aus dem Rahmen
Ihr heraus ins Leben tratet,
Hat mich immer so gewundert,
Daß es nun mich wundert minder,
Wie ich sehn muß, daß den Augen
Schwindend ihr zurück euch wandelt
Zu Gesichten und Gedichten.
2.
In mildem lauem Klima,
Wie eines waltet unter
Italiens Sonne, oder
Auf Raphaels Gemälden,
Gedeihn nur solche Knospen
Von Schönheit, wie ihr waret,
Zu völliger Entwicklung,
Ohn’ Abbruch und Verkrüpplung.
Wie werdet ihr gedeihen,
Dacht’ ich hier voll Besorgniß,
In wildem rauhem Klima?
In wildem rauhem Klima,
Wie wird der reine Spiegel
Der Anmuth bald sich trüben,
Der Blüthendrang der Knospen
Sich im Aufbrechen stumpfen,
Verschrumpfen und versumpfen!
Darum seid ihr, o Weh mir,
Heil euch, ihr seid gegangen,
Und blühet nun im Himmel,
Und blüht in meinem Liede;
Ihr blühet hier und dorten
In mildem lauem Klima.