Zweideutig iſt, o Menſch, vernimm auch dieſe Lehre,
Dein Weſen, wie der Sinn von Leichtigkeit und Schwere.
Denn wo das Schwere ſich macht gelten als das Wichtige,
Erſcheint das Leichte nur dagegen als das Nichtige.
Doch iſt das Leichte dann das Himmelſtrebende,
So iſt das Schwere das am Boden klebende.
Wo Schwerkraft fehlt, da iſts ein Leichtes aufwertsfliegen,
Doch ſchwer iſts ohne ſie im Gleichgewicht ſich wiegen.
Doch wo die Schnellkraft fehlt, der Schwung der Leidenſchaft,
Da iſt zum Guten nicht, noch auch zum Boͤſen Kraft.
Das Gute ſelber iſt ſchwer anfangs, leicht zuletzt,
Seit Goͤtter Schwierigkeit der Tugend vorgeſetzt.
Wer ſich das Leichte waͤhlt, erreicht es leicht villeicht,
Doch ſchwerlich neidet ihn, wer Schweres ſchwer erreicht.
Wol leichter fertig iſt nichts als Leichtfertigkeit,
Doch ſchwer iſt leichter Muth in Widerwaͤrtigkeit.
Dir gebe Gott, daß nie dein Leichtes werde fluͤchtig,
Und daß ein Schweres ſtets gehaltig ſei und tuͤchtig.
Wer weder ſcheinen will ſchwerfaͤllig noch leichtſinnig,
Der zeige ſich zugleich gefaͤllig und herzinnig.