Hat die Unendlichkeit nicht Raͤume ungeheuer?
Doch uͤberall iſt Raum geſpart, als ſei er theuer.
Der Drang des Lebens, wenn er ſich waͤr’ uͤberlaſſen,
Selbſt die Unendlichkeit vermoͤcht’ ihn nicht zu faſſen.
Drum iſt des Lebens Fuͤll’ ins Engeſte gezwaͤngt,
Weil uͤberall ihr Trieb ins Weitere ſie draͤngt.
Zur Raumerſparung hat Baumeiſterin Natur
Das Bienenvolk gelehrt ſechseckig bauen nur,
Daß Zell’ an Zelle paßt und aller Zellen Enge
Zur Noth bequem nur faßt die arbeitſelige Menge.
Verkruͤppelt zwitterhaft ſind drin die fleiß’gen Horden,
Von denen jeder frei ſonſt waͤr’ ein Weiſel worden.
So wuͤrd’ ein Bauer, wenn ihn nicht von allen Seiten
Die Nachbarn zwaͤngten, ſich als Patriarch ausbreiten.
Mit raſcher Fruchtbarkeit hat er ein Land beſetzt,
Bis die Bevoͤlkerung ſich ſelber Schranken ſetzt.
Alswie im dichten Wald von tauſend Saamenkoͤrnern
Nur eines ſich empor arbeitet aus den Doͤrnern;
Doch wird er ausgehaun, mag eine Tanne ſtreun
Die Saamen weit umher, und bald den Wald erneun.
Der Baum des Lebens iſt von Saamen ganz erfuͤllt,
Und uͤberall ein Trieb im andern eingehuͤllt.
Die Knoſpe wartet nur auf Platz hervorzudringen,
Sobald die alte weicht, wird gleich die neu’ entſpringen.
Wie an der Eidechſ’, ob du Fuß ihr oder Hand
Abhiebeſt, Hand und Fuß am ſelben Ort entſtand;
Alsob die Glieder ſchon verborgen fertig lauern,
Und koͤnnen nur nicht vor, ſo lang’ die alten dauern.
So uͤberquillend iſt auch Menſchenfaͤhigkeit;
Gib Spielraum ihr, ſie tritt hervor zu rechter Zeit.
Drum fuͤge dich der Zeit, erfuͤlle deinen Platz,
Und raͤum’ ihn auch getroſt, es fehlt nicht an Erſatz.