Wer ſich als Menſchen fuͤhlt, und tief in ſich empfindet,
Daß mit der Menſchheit ihn die Menſchlichkeit verbindet,
Der wird nicht wollen, wird nicht koͤnnen auch, die Leiden
Und Freuden des Geſchlechts von ſeinen eignen ſcheiden.
Wes irgend einer vom Geſchlecht ſich freut’ und litt,
Mitfreuen wird es ihn, und leiden wird ers mit.
Doch Freud’ iſt Geiſtesthat, zur Freud’ iſt er berufen;
Ein Thor nur glaubt, daß ihn zum Leiden Goͤtter ſchufen.
Vernunft will freie That; wer ihre Stimme hoͤrt,
Raͤumt freudig weg, was ihm Freiheit und Freude ſtoͤrt,
Raͤumt weg die Leidenſchaft, und mit ihr ſeine Leiden;
Wird er nun auch darum den Anblick fremder meiden?
Ja, wenn er, dumpf genug, nicht fuͤhlt, was er nicht ſieht,
Auch der Vorſtellung mit dem Anblick ſich entzieht.
Viel lieber kaͤmpfen wird er mit des Geiſtes Waffen,
Vom Leiden frei wie ſich auch andere zu ſchaffen.
Hat er in ſich bekriegt das Leid und es beſiegt,
Daß uͤberwunden es zum Fuß der Freude liegt;
So wird er ihren Krieg auch andern helfen kriegen,
Daß ſie, von ſeinem Sieg geſtaͤrkt, ſich ſelbſt beſiegen.
Nicht weil er fuͤhlt, daß ers in ſich allein vollbracht,
Wird er die ſchwaͤcheren verlaſſen in der Schlacht.
Wes er ſich ſelb ſchaͤmt, wird er ſich fuͤr ſie nicht ſchaͤmen,
Mit Freuden wird er Theil an fremden Leiden nehmen:
Ob er den Gipfel auch der Goͤttlichkeit erſtiegen,
Wo Erdendunſtgewoͤlk’ in Aetherduft verfliegen;
Um wie vielmehr wenn er ſich ſagen muß, er ſei
Noch ſelbſt von Leiden nicht und Leidenſchaften frei.