Wenn du das dicke Buch durchblaͤtterſt der Geſchichte,
Du findeſt wiederholt auf jedem Blatt Berichte
Von widerwaͤrt’gem Kampf und greulichem Verrath,
Und ſelbſt auf dunklem Grund ſteht jede lichte That.
Und auch des Dichters Kunſt, die ſich die freie nennt,
Doch knechtiſch hinterdrein nur der Geſchichte rennt.
Weiß auch nichts Beſſeres zu unſerem Ergetzen,
Als naͤchtliches Geſchick und blutiges Entſetzen.
Als ſei von Gottes Welt nur dieſes vorzuzeigen,
Was man ehr ſollt’ aus ihr vertilgen durch Verſchweigen.
Als ſei in der Natur nur Froſt und Hagelſchlag,
Und gift’ger Raupenfraß, kein bluͤhnder Roſenhag;
Und in des Menſchen Haus nur Krankenſtubenjammer,
Kein Kindertummelplatz und keine Hochzeitkammer.
Die Weichlichkeit iſt ſchlecht, der Leichtſinn iſt nicht gut,
Doch noth iſt heitrer Ernſt und froher Lebensmuth.
Des Schattens kann im Bild entbehren nicht die Kunſt,
Doch iſt ihr Element das Licht, und nicht der Dunſt.
Mag die Geſchichte nicht des traur’gen Amts entbehren,
Daß durch Unmenſchliches ſie uns will Menſchheit lehren;
O Fantaſie wenn du die Bluͤte willſt entfalten
Der Menſchheit, ſollſt du ihr kein Jammerbild vorhalten.