Weltherrſcher Raghu kehrt vom Welterobrungszug
Als Sieger heim und bringt Weltſchaͤtze mit genug.
Die Schaͤtze theilet er beim Siegesopfer aus,
Und hat nun keinen Schatz als ſeinen Ruhm im Haus.
Ihm kommt ein frommer Gaſt; wie ſoll er ihn empfangen?
Die Goldgefaͤße ſind dem Hauswirth ausgegangen.
Ein hoͤlzernes Gefaͤß, gefuͤllt mit Willkommsflut,
Traͤgt er entgegen ihm, und gruͤßet wohlgemuth.
Den ehrenden Beſuch, ſprich, was ihn mir gebracht?
Gewaͤhrt iſt dein Geſuch, wenn’s ſteht in meiner Macht.
Doch jener, der erkennt die Armuth an den Zeichen,
Will ohne Wortverluſt zuruͤck beſcheiden weichen.
Doch als mit bittendem Befehl der Koͤnig dringt,
Sagt er das wichtige Anliegen, das ihn bringt:
In Waratantu’s Hain, vom Weltgeraͤuſch entfernt,
Lernt’ ich zwoͤlf Jahre lang, nun hab’ ich ausgelernt.
Als er mich nun entließ, den Schuͤler und den Sohn,
Fragt’ ich beim Abſchied ihn: was iſt der Lehre Lohn?
Er ſprach: „Fuͤrs Wiſſen iſt kein ird’ſcher Lohn beſchieden;
Ich bin mit langem Dienſt und treuem Fleiß zufrieden.“
Doch als ich ungeſtuͤm mit meinen Bitten drang,
Ergriff der Zorn ihn, den kein Weiſer ſelbſt bezwang.
Er rief: „Und wenn du Lohn denn bieteſt, wahnumhuͤllt;
Der Lohn ſei ſoviel Gold, als Raghu’s Schatzhaus fuͤllt.“
Dein Holzkrug laut genug ſagt was dein Schatzhaus faſſe;
Drum mit Entſchuldigung, o Koͤnig, mich entlaſſe!
Ich ſeh’, o Koͤnig, wohl, dir blieb kein Eigenthum,
Als unveraͤußerlich allein der eigne Ruhm.
Doch Koͤnig Raghu ſpricht: Iſt mir der Ruhm geblieben,
Was waͤr’ er, wenn er nicht auch Gold haͤtt’ aufgetrieben?
Geruh’ in meinem Haus als Gaſt dich auszuruhn;
Nachts denken wir wol aus, was wir am Morgen thun.
Der Koͤnig ſinnt bei Nacht: wo ſoll ichs her bekommen?
Den Koͤn’gen rings umher hab’ ich es laͤngſt genommen.
Doch auf dem Goldberg wohnt Kuwera, Gott der Guͤter,
Der hat bei mir ſein Amt verſaͤumt als Schatzhaushuͤter.
Und Raghu in der Nacht laͤßt rufen aus mit Schall:
Dem Gott Kuwera droht von Raghu Ueberfall.
Noch in der Nacht beſteigt er ſeines Ruhmes Wagen,
Der mit dem Tag ihn ſoll zum Sieg am Goldberg tragen.
Und als er Morgens nun zur Abfahrt iſt bereit,
Tritt ſein Schatzmeiſter her mit eil’ger Freudigkeit:
„O Herr, es hat zu Nacht im Schatzhaus Gold geregnet.“
Dem drohnden Ueberfall iſt ſo der Gott begegnet.
Und Raghu ſpricht zum Gaſt: Du ſiehſt, o frommer Mann,
Wie in der Noth der Ruhm das Gold erſetzen kann.
Dann leert er fuͤr den Gaſt die volle Kammer aus,
Und hat nun wieder nichts als ſeinen Ruhm im Haus.