Poesie des LebensAn * * * „Wer möchte sich an Schattenbildern weiden,Die mit erborgtem Schein das Wesen überkleiden,Mit trügrischem Besitz die Hoffnung hintergehn?Entblößt muß ich die Wahrheit sehn.Soll gleich mit meinem Wahn mein ganzer Himmel schwinden,Soll gleich den freien Geist, den der erhabne FlugIns grenzenlose Reich der Möglichkeiten trug,Die Gegenwart mit strengen Fesseln binden;Er lernt sich selber überwinden,Ihn wird das heilige GebotDer Pflicht, das furchtbare der NothNur desto unterwürf’ger finden.Wer schon der Wahrheit milde Herrschaft scheut,Wie trägt er die Nothwendigkeit?” So rufst du aus und blickst, mein strenger Freund,Aus der Erfahrung sichrem PorteVerwerfend hin auf Alles, was nur scheint.Erschreckt von deinem ernsten Worte,Entflieht der Liebesgötter Schaar,Der Musen Spiel verstummt, es ruhn der Horen Tänze,Still trauernd nehmen ihre KränzeDie Schwestergöttinnen vom schön gelockten Haar,Apoll zerbricht die neue LeierUnd Hermes seinen Wunderstab,Des Traumes rosenfarbner SchleierFällt von des Lebens bleichem Antlitz ab,Die Welt scheint, was sie ist, ein Grab.Von seinen Augen nimmt die zauberische BindeCytherens Sohn, die Liebe sieht,Sie sieht in ihrem GötterkindeDen Sterblichen, erschrickt und flieht,Der Schönheit Jugendbild veraltet,Auf deinen Lippen selbst erkaltetDer Liebe Kuß, und in der Freude SchwungErgreift dich die Versteinerung.