Du ſiehſt ein Andres als du hoͤreſt, und du ſchmeckeſt
Und riechſt ein Andres als du durchs Gefuͤhl entdeckeſt,
Am Ding, von welchem du verſchiedne Kund’ einziehſt,
Wie du es fuͤhleſt, riechſt, ſchmeckſt, hoͤreſt oder ſiehſt.
Auch iſt kein Zweifel, daß, ſobald ein Sinn dir fehlt,
Gleich eine Seite ſich vom Dinge dir verhehlt;
Die wichtigſte villeicht, wenn grade dir entweicht
Der Sinn, durch den das Ding vorzuͤglich dich erreicht;
Wie ja ein Blinder mit all ſeinen andern Sinnen
Den Farben eines Bilds kann wenig abgewinnen.
Drum, wenn dir zu Gebot mehr als fuͤnf Sinne ſtuͤnden,
So wuͤrdeſt du auch mehr als jetzt vom Ding ergruͤnden;
Wie ſchon der edelſte, den jetzt du haſt, verſtaͤrkt
Durch Kunſt, dein Auge, mehr als von Natur bemerkt.
Und gieng dir nicht villeicht ein ſechſter Sinn verloren,
Ein ſiebenter, villeicht auch wird er einſt geboren?
Weil mit den fuͤnfen doch, die dir inzwiſchen dienen,
Du unzufrieden biſt und kommſt nicht aus mit ihnen,
Weil mit den fuͤnfen du ſo wenig kanſt bezwingen
Das Ding, das du ſoſehr begehreſt zu durchdringen.
Unnuͤtze Traͤumerei! Gebrauche fein mit Fug
Die fuͤnfe, die du haſt, du haſt daran genug.
Wo ſollt’ ein ſechſter Sinn herkommen oder hin?
Waͤr’ es ein niedrerer, ſo waͤr’ es kein Gewinn;
Dir koͤnnt’ ein hoͤherer nur als dein hoͤchſter frommen,
Doch uͤber’m Auge hat den Platz der Geiſt genommen.
Wenn du es recht bedenkſt, laß ihm nur ſeinen Platz!
In ihm gefunden haſt du den vermiſſten Schatz.