So ſprach Saraswati, des Brahma hohes Weib,
Als ſie ſchuf Poeſie zu Goͤtterzeitvertreib:
Du ſollſt, gefluͤgelt Kind, die Goͤtter ſtets umſchweben,
Denn ſchwunglos ohne dich im Himmel waͤr’ ihr Leben.
Wenn dirs gelungen iſt in Schlummer ſie zu wiegen,
Vom Himmel darfſt du dann zur Erde niederfliegen.
Den Menſchen magſt du dort vom Goͤtterhaushalt plaudern,
Doch ſo daß ſie’s erfreut, nicht ſo daß ſie erſchaudern.
Und kehrſt du heim, eh hier erwacht der ſel’ge Chor,
Trag auf den Schwingen mit den Menſchengeiſt empor.
Doch Eines ſag’ ich dir, wenn es dir ſoll gelingen,
Auf deinen Schwingen ihn zum Himmel herzubringen:
Du mußt den Menſchengeiſt mit Gottgeheimnis kirren,
Doch ihn betaͤuben nicht, noch blenden und verwirren.
Laß ihm die Taͤuſchung ſelbſt als klare Wahrheit ſehn,
Und was er nicht verſteht, glaub’ er doch zu verſtehn.
Die Raͤthſel magſt du ihm in Raͤthſeln ſelber deuten,
Die unentraͤthſelt auch ſinnreich den Sinn erfreuten.
Sei wie der Himmel klar und tief in dunkle Ferne:
Lichtſterne beut dem Schaun, der Ahnung Nebelſterne!
Und wenns ſein Aug’ ertraͤgt, ſei ihm der Blick gewaͤhrt,
Der Nebelſterne ſelbſt in Lichtgeſtirne klaͤrt.
Doch wie Unendlichkeit dort das Erhabn’ umzirkt,
Von ſchoͤner Endlichkeit ſei dein Gebiet umwirkt.
Im Unermeßlichen wirſt du das Maaß verlieren;
Das Kleine ſollſt du klein mit Kunſt, nicht kleinlich, zieren.
Vor allem, liebes Kind, willſt du dich filoſofiſch
Vernehmen laſſen, ſei’s nur ſtrenggereimt und ſtrofiſch.
Sonſt reißt der Rieſengeiſt dort der Filoſofie
Ins Schrankenloſe gleich dich, arme Poeſie.
Meintwegen huͤpfe ſelbſt in Chori-Choliamben,
Nur flieh wie deinen Tod die ungereimten Jamben.
Den Goͤttern ein Verdruß, den Menſchen kein Genuß,
Iſt ſolch ein uferlos ergoßner Woͤrterfluß.
Anmuthig werden ſelbſt alltaͤgliche Sentenzen
Im Silbenwaſſerfall melodiſcher Kadenzen.