O Knospe roth im Morgenlicht, womit hast du’s verdient,
Daß man im frühen Thau dich bricht? womit hast du’s verdient?
O Rose, der zu fremdem Schmerz kein Dorn gegeben war;
Daß dich der Dorn der Schmerzen sticht, womit hast du’s verdient?
Wehrlose Unschuld, nicht zum Kampf gerüstet mit dem Tod;
Daß dich der dunkle Feind ansticht, womit hast du’s verdient?
Es schaukelt unbefangen dich in Frühlingsluft der Zweig;
Des Wintersturmes Zorngewicht, womit hast du’s verdient?
Und wenn der Zweig, weil er zu kühn und stolz die Krone trug,
Verdient hat dieses Strafgericht; womit hast du’s verdient?
O armer Zweig, die Lust ist hin, die du nicht würdig trugst,
Nun trag das Leid, und frage nicht: Womit hast du’s verdient?
Es war ein Gut dir zugetheilt, deß Werth du nicht erkannt;
Entzog man dirs, so thu Verzicht! womit hast du’s verdient?
Womit hast du’s verdient, daß dir die Rose deiner Lust
Solang geblüht vorm Angesicht, womit hast du’s verdient?
Und daß sie, die ein Augenblick erbleichte, neu und frisch
In deines Lebens Kranz sich flicht; womit hast du’s verdient?
Die Schmerzen Freimunds werden ein Gedicht zum Schmuck der Welt;
Welt, undankbare, dieß Gedicht, womit hast du’s verdient?