Du sprichst, o Freund: O Freund, laß dich belehren,
Wie du das Schlimme mußt zum Besten kehren,
Wie du den bittern Stachel kannst versüßen
Und mit Gewinne lernest einzubüßen.
Es waren Kinder dir zu viel verliehen
Schon zum Ernähren, mehr noch zum Erziehen;
Du hättest sie, mit nothgedrungner Sparung
Verkürzt an Leibes- wie an Seelennahrung.
Nun hat dir Gott ein Drittel abgenommen,
Das wird zu Gute den zwei Dritteln kommen;
Daß du den Überbliebnen größre Bissen
Zuschneiden kannst vom Brodlaib und vom Wissen.
Und sehr zweckmäßig nahm er die zwei kleinsten,
Die liebsten freilich, sagst du, und die feinsten,
Doch die du selber groß zu ziehn, wahrscheinlich
Nicht hoffen durftest, der Gedank’ ist peinlich.
Die Sorg’ ist nun mit ihrem Staub zerstoben,
Denn diese sind versorgt und aufgehoben;
Und für die größern brauchst du nicht zu zagen;
Die werden, wenn du stirbst, sich schon durchschlagen.
Ich sprach: von deiner Weisheit wars zu hoffen,
Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.
Und wenn vollwichtig nicht die Gründe schienen,
Könnt’ ihnen dieses noch zum Nachdruck dienen:
Ich werde nun mit meiner Schaar bequemer
Spazieren gehn, wenn auch nicht angenehmer,
Weil ich mich auf dem Heimweg nicht muß plagen,
Die kleinen müdgewordenen zu tragen.
So werd’ ich auch bei Tisch nicht Hunger leiden,
Um ihnen vorzulegen, vorzuschneiden;
Da mir die Müh ersparen diese Rangen,
Die schon von selber in die Schüssel langen.
Auch werden mich nicht mehr mit ihrem Plappern
Betäuben zwei lebend’ge Kinderklappern,
Mich in Verlegenheit, wie in Ergetzen,
Mit unbeantwortbaren Fragen setzen;
Weil meine andern Wißbegier’gen schöpfen
Die Weisheit selber schon aus Büchertöpfen,
Und alles besser als ihr Vater wissen,
Der seinen alten Schulsack abgerissen.
Soweit ists gut, o Freund! nur eines wende
Ich ein noch gegen deinen Trost am Ende:
Warum ich nicht, wollt’ es der Himmel gönnen,
Die Kleinen auch so hätte großziehn können?
Wenn du das Leben nicht zu früh mir raubest,
Und etwa noch zehn Jahre mir erlaubest,
So hätt’ ich schon mein allerliebstes Pärchen
Gesehn mit vierzehn und mit funfzehn Jährchen.
Und leb’ ich mit dem Gram noch zehen Jahre,
Der mir in einem Mond gebleicht die Haare,
Daß sie nun Silber sind, nicht silberglanzig,
So hätt’ ich ohn’ ihn leben können zwanzig,
Und dann gesehn das Pärchen jugendglanzig,
Alt vierundzwanzig Jahr und funfundzwanzig.
Dann hätten wir, das reimt mit der Vernunft sich,
Geschrieben achtzehnhundert vier und funfzig.
Daß ich nun dieses nicht erlebe, weiß ich;
Das schreib’ ich achtzehnhundert vier und dreißig.