Ritter Toggenburg1797»Ritter, treue SchwesterliebeWidmet Euch dies Herz,Fodert keine andre Liebe,Denn es macht mir Schmerz.Ruhig mag ich Euch erscheinen,Ruhig gehen sehn.Eurer Augen stilles WeinenKann ich nicht verstehn.«Und er hörts mit stummem Harme,Reißt sich blutend los,Preßt sie heftig in die Arme,Schwingt sich auf sein Roß,Schickt zu seinen Mannen allenIn dem Lande Schweiz,Nach dem Heilgen Grab sie wallen,Auf der Brust das Kreuz.Große Taten dort geschehenDurch der Helden Arm,Ihres Helmes Büsche wehenIn der Feinde Schwarm,Und des Toggenburgers NameSchreckt den Muselmann,Doch das Herz von seinem GrameNicht genesen kann.Und ein Jahr hat ers getragen,Trägts nicht länger mehr,Ruhe kann er nicht erjagenUnd verläßt das Heer,Sieht ein Schiff an Joppes Strande,Das die Segel bläht,Schiffet heim zum teuren Lande,Wo ihr Atem weht.Und an ihres Schlosses PforteKlopft der Pilger an,Ach! und mit dem DonnerworteWird sie aufgetan:»Die Ihr suchet, trägt den Schleier,Ist des Himmels Braut,Gestern war des Tages Feier,Der sie Gott getraut.«Da verlässet er auf immerSeiner Väter Schloß,Seine Waffen sieht er nimmer,Noch sein treues Roß,Von der Toggenburg herniederSteigt er unbekannt,Denn es deckt die edeln GliederHärenes Gewand.Und erbaut sich eine HütteJener Gegend nah,Wo das Kloster aus der MitteDüstrer Linden sah;Harrend von des Morgens LichteBis zu Abends Schein,Stille Hoffnung im Gesichte,Saß er da allein.Blickte nach dem Kloster drüben,Blickte stundenlangNach dem Fenster seiner Lieben,Bis das Fenster klang,Bis die Liebliche sich zeigte,Bis das teure BildSich ins Tal herunterneigteRuhig, engelmild.Und dann legt’ er froh sich nieder,Schlief getröstet ein,Still sich freuend, wenn es wiederMorgen würde sein.Und so saß er viele Tage,Saß viel Jahre lang,Harrend ohne Schmerz und Klage,Bis das Fenster klang.Bis die Liebliche sich zeigte,Bis das teure BildSich ins Tal herunterneigte,Ruhig, engelmild.Und so saß er, eine Leiche,Eines Morgens da,Nach dem Fenster noch das bleiche,Stille Antlitz sah.