Wenn du den Augen haͤltſt das Buch ſo nahe vor,
Schwimmt die verwirrte Schrift in einem Daͤmmerflor.
Und wieder wenn du haͤltſt den Augen es ſo fern,
Wird jeder Buchſtab ein unklarer Nebelſtern.
Und unzufrieden wirſt du leicht mit deinem Auge,
Daß weder fern noch nah es recht zu ſehen tauge.
Doch halte nicht zu nah und nicht zu fern das Buch,
Und leſerlich nach Wunſch erſcheint dir jeder Spruch.
Nur zwiſchen deinem Ziel und dir mußt du dem Licht
Raum laſſen grad ſoviel, als taugt fuͤr dein Geſicht.
Und alſo ſiehſt du auch die Welt und die Natur
In rechter Deutlichkeit bei rechtem Abſtand nur;
Wenn zwiſchen ihr und dir du laͤſſeſt eine Weite,
Daß klar im Zwiſchenraum ſich Gottes Licht verbreite.
Die Weite doch iſt gleich fuͤr jedes Auge nicht,
Wie ihm beſchieden iſt Fern- oder Nahgeſicht.
Die Weite wechſelt ſelbſt mit jeder Lebenszeit,
Wie eben wechſeln mag Fern- und Nahſichtigkeit.
Das wechſle nun wie’s mag, wenn du nur nicht erblindeſt,
Noch in Verblendung dir die Augen ſelbſt verbindeſt.
Gebrauch dein Auge nur, wie es iſt Gottes Wille
Und der Natur, und nie beduͤrfe mir der Brille!