Ich kam auf meiner Reiſ’ im Karawanenpfade
Unſern dem Kaukaſus an’s kaſpiſche Geſtade;
Und lernt’ auf Baku’s Flur begreifen, wie die Guebern
Dort machte die Natur zu Feuerdienſt-Urhebern.
Halb eine Meile von der Stadt iſt eine Stelle,
Im naftareichen Land die reichſte Nafta-Quelle.
Dort iſt ein weiter Kreis, in deſſen Mitt’ ich ſah
In ew’gen Flammen bluͤh’n das heil’ge Ateſchgah.
Und von den Parſen legt’ ein Fuͤhrer mir es aus,
Daß Ateſchgah bedeut’ auf Perſiſch Feuerhaus.
Die heil’ge Flamm’ entbluͤht der Erde gelb und blau,
Am Tag ein ſchoͤner Glanz, Nachts eine Wunderſchau.
Ein Volk von Guebern hat im Kreis um dieſe Flammen
Sich angebaut und wohnt in ſtillem Fleiß beiſammen.
Den Feuerehrern hat das Feuer zur Belohnung
Gegeben ohne Muͤh’ die ſchoͤnſte Winterwohnung.
Aus Steinen leicht gefuͤgt, ein Haus mit Dach und Wand
Steht jedem nach der Wahl, wo einen Platz er fand.
Sie duͤrfen ſich bei’m Bau’n nicht um den Bauplatz ſtreiten,
Der Kranz der Haͤuſer waͤchſt mit Luſt nach allen Seiten.
Denn uͤberall durchzieht die heil’ge Gluth die Erde,
Und machet jedes Haus von ſelbſt zum Feuerherde.
Den untern Boden deckt von Lehm die feſte Tenne,
Daß den Bewohner ſie von ſeiner Gottheit trenne.
Doch Oeffnungen ſind da gelaſſen, wo erbeten
Des Elementes Kraft ſoll aus dem Boden treten.
Du ſteckeſt in die Spalt’ ein lehmumgeb’nes Rohr,
Und leiteſt wie du willſt den Feuergeiſt empor.
Und uͤberall im Haus, wohin das Rohr du muͤndeſt,
Da leuchtet es, ſobald du an den Dunſtſtrom zuͤndeſt.
Es iſt ein ſchoͤnes Licht und brauchſt es nicht zu putzen,
Ohn’ Aufwand kannſt du es im Haus beliebig nutzen.
Leinweber ſah ich ſo die ganze Nacht durch weben,
Nach Luſt mit ſchwebenden Rohrleuchten rings umgeben.
Wer aber Kaffe will und wer will Speiſe kochen,
Aus andrer Oeffnung kommt ein andrer Strom gebrochen.
Ein Feuerſtrom, der, ohn’ Holz oder Kohlenfeuer,
So gut als beides brennt, und lange nicht ſo theuer.
Das Feuer ſchuͤrt ſich ſelbſt, und brennt, ſo lang du’s willſt,
Und ſtill vergeht’s, wenn du mit einem Wink es ſtillſt.
Aus kleinſter Oeffnung bricht’s mit groͤſter Kraft hervor,
Und waͤchſt, vom Zwang befreit, zur hoͤchſten Hoͤh’ empor.
Aus einer Muͤndung von zwei Zollen ſah’ ich’s ſteigen
Drei Fuß zuerſt, und ſich zuletzt zu zwei Fuß neigen.
Und braucheſt du’s nicht mehr, ſo brauchet nur zu faͤcheln
Ein Faͤcher, und ſogleich verſchwindet es mit Laͤcheln.
In’s unterird’ſche Haus kehrt es zuruͤck, ſein Thor
Verſchließeſt du, und ſtill nun wohnt es wie zuvor.
Nur an der Waͤrme magſt du dann ſein Walten ſpuͤren;
Sie wohnen Winterlang daſelbſt bei offnen Thuͤren.
Das iſt vom Feuergeiſt die eine der Geſtalten;
In einer zweiten iſt noch glaͤnzender ſein Walten.
Wie er im Hauſe ruht als brennbar Element,
So ſchweift er durch die Flur als Feuer, das nicht brennt.
Oft im September, wann des Herbſtes warmer Regen
Die Abendluft erfriſcht, dann iſt der Geiſt zugegen.
Dann ſiehſt du weit und breit, ſoweit die Blicke gehn,
Die Felder wie ein Meer in Flammenwogen ſtehn.
Oft rollt der Feuerſtrom in ungeheuren Maſſen
Vom Berg herab in’s Thal, das ihn nicht ſcheint zu faſſen.
Dann im Oktober, wann der Mond erhellt die Nacht,
Das ganze Weſtgebirg von blauem Feuer lacht.
Doch wann die Nacht iſt truͤb, irrt wimmelndes Gefunkel
Buntflammig uͤber’s Feld, und das Gebirg iſt dunkel.
Von ſolchem Feuer ſah ich ſelber uͤberhuͤllt
Das ganze Lager Nachts der Karawan’ erfuͤllt;
Daß wilder Schreck ergriff Mauleſel und Kamele
Und ſelber leiſe Furcht die doch bewußte Seele.
Wir wußten, daß ein Schein es waͤre, doch es drang
Der Schein als Wirklichkeit ſich auf, und macht’ uns bang.
Wir ſahen, daß die Glut kein trocknes Haͤlmchen ſehrte,
Und am bethauten ſelbſt den Tropfen Thau nicht zehrte.
Die Flammen ſchienen nur zu ſchweben auf den Spitzen,
Wo Bluͤten ſaßen ſonſt, und wieder ſollten ſitzen;
Alsob dis Flammenſpiel des Herbſtes, beiderlei,
Ein Sommernachſpiel und ein Fruͤhlingsvorſpiel ſei.
Wir ſchritten durch die Glut, die rings empor ſich bauſchte,
Um uns wie Ueberſchwang von goldnen Aehren rauſchte.
Selbſt mitten in der Glut war Waͤrme nicht zu ſpuͤren;
So linde Feuer kann die Gottes Allmacht ſchuͤren.
Nicht Waͤrme fuͤhlten wir, doch eine milde Glut,
Bewunderung der Macht, die lichte Wunder thut.
Das war vom Feuergeiſt die zweite der Geſtalten,
Am ſchoͤnſten aber ſoll die dritte ſich entfalten:
Wann uͤber’m Boden ſelbſt nicht eine Flamme bleibt,
Sich jede drunten birgt, und im Verborgnen treibt;
Im Fruͤhling brechen dann vom Boden in zahlloſen
Verwandlungen hervor die Flammen ſelbſt als Roſen.
Die Gegend heißt davon das Roſenparadies;
Und jeder, wer ſie ſah, ſagt, daß ſie recht ſo hieß.
Und jeder, wer ſie ſah, muß preiſend anerkennen,
Wie hell zu Gottes Preis die Roſenfeuer brennen;
Gelbblaues Nafta ſich in Wangenroth verklaͤrt,
Und Schwefelbrodem ſelbſt nun Roſenodem naͤhrt.
Die Roſe bracht’ ich mit von dort, ſie iſt verbluͤht,
Doch die verglomm’ne ſchuͤrt noch Andacht im Gemuͤth.