Ich weiß nicht, ob es mich heute
Betrübte mehr oder freute,
Als ich gieng durch die Kammer
(Es war eine Freud’ im Jammer)
Wo noch stehn aufgeschlagen
Die Bettchen, in welchen lagen
Die beiden, die nun liegen
In übergrünten Wiegen.
Ohne dahin zu sehen,
Wollt’ ich vorübergehen.
Da traf mein Ohr ein Girren,
Ein sanftes Rauschen und Schwirren,
Und hin mußt’ ich mich wenden.
Da sah ich an den Enden
Der Bettlein (soll ichs glauben
Den Augen?) ein Paar Tauben,
Die sich in Eintracht wiegen,
Sich aneinander schmiegen,
Und die Köpflein mit Schweigen
Gegen einander neigen,
Ganz wie einst jene thaten,
Die ich schwer muß entrathen.
Bild der Geschwisterliebe,
Bist du ein Schein, zerstiebe!
Doch lebet ihr und leibet,
So saget mir, und bleibet,
Wo seid ihr her gekommen?
Doch ich hab’ es vernommen:
Für die Küche gekaufet,
Seid ihr nur ungeraufet
Darum bisher geblieben,
Weil ihr Spiel mit euch trieben,
Und dieses Nest euch gaben
Die unbefangnen Knaben,
Und hier euch reichten Futter,
Mit halbem Willen der Mutter,
Hinschiebend von Tag zu Tage
Euere Niederlage.
Nun aber, dem Ort zu Ehren,
Will ich euch ganz abwehren
Das Messer von der Kehle
Mit Hausvaterbefehle.
Der heiligen Freistatt wegen
Sollen die Brüder euch pflegen
Stets mit dem reifsten Korne,
Und dem frischesten Borne,
Daß ihr tunket und picket,
Schlucket und euch erquicket,
Und danket mit Geflister,
Wie ihre rechten Geschwister.
Sie sollen auch vor der Tatze
Der taubenmordenden Katze
Fein euere Schwelle hüten,
Bis ihr groß seid zum Brüten.
Dann brütet hier, wenn ihr wollet;
Doch wenn ihrs wo anders sollet,
Und mögt nicht bei uns bleiben,
Dort durch die gebrochnen Scheiben
Entfliegt zum Himmelsbogen,
Wie jene uns einst entflogen.