Weiter hinab wallet mein Fuß, und der Stab wird
Mir nicht allein von dem Staube, den der Weg stäubt,
Wird dem Wanderer auch von Asche
Näherer Todter bewölkt.
Schön wird mein Blick dort es gewahr. O der Aussicht
Drüben! da strahlt’s von dem Frühling, der uns ewig
Blüht, und duftet, und weht. O Pfad, wo
Staub nicht, und Asche bewölkt.
Aber sondern muß ich mich, trennen mich, muß von den Freunden
Scheiden! Du bist ein tiefer bitterer Kelch!
Ach tränk’ ich dich nicht bey Tropfen!
Leert’ ich mit Einem Zuge dich aus,
Ungestüm aus! wie, wer Durst lechzt,
Schnell sich erkühlt, sich erlabet an dem Labsal!
Weg vom Kelche, Gesang! Tiefsinnig
Hatt’ ich geforscht,
Zweifelnd versenkt, ernster durchdacht: (O es galt da
Täuschung nicht mit, und kein Wahn mit) Was ihn mache,
Der, zu leben! entstand, zu sterben!
Glücklich den? Ich war es, und bins!
Viel Blumen blühn in diesem heiligen Kranz. Unsterblichkeit
Ist der Blumen Eine. Der Weise durchschaut
Ihrer Wirkung Kreis. Sie scheint der Könige Loos;
Allein die werden in der Geschichte zu Mumien!
Geburtsrecht zu der Unsterblichkeit
Ist Unrecht bey der Nachwelt. So bald einst die Geschichte,
Was ihr obliegt, thut: so begräbt sie durch Schweigen, und stellt
Die Könige dann selbst nicht mehr als Mumien auf.
Sie sind nach dem Tode, was wir sind.
Bleibt ihr Name; so rettet ihn nur Verdienst,
Nicht die Krone: denn sie
Sank mit dem Haupte der sterbenden.
Voll Durstes war die heisse Seele des Jünglings
Nach der Unsterblichkeit!
Ich wacht’, und ich träumte
Von der kühnen Fahrt auf der Zukunft Ozean!
Dank dir noch Einmal, mein früher Geleiter, daß du mir,
Wie furchtbar es dort sey, mein Genius, zeigtest.
Wie wies dein goldener Stab! Hochmastige, vollbesegelte Dichterwerke,
Und dennoch gesunkene schreckten mich!
Weit hinab an dem brausenden Gestade
Lag’s von der Scheiter umher.
Sie hatten sich hinaus auf die Woge gewagt, in den Sturm gewagt;
Und waren untergegangen!
Bis zu der Schwermuth wurd’ ich ernst, vertiefte mich
In den Zweck, in des Helden Würd’, in den Grundton,
Den Verhalt, den Gang, strebte, geführt von der Seelenkunde,
Zu ergründen: Was des Gedichts Schönheit sey?
Flog, und schwebt’ umher unter des Vaterlands Denkmaalen,
Suchte den Helden, fand ihn nicht; bis ich zuletzt
Müd’ hinsank; dann wie aus Schlummer geweckt, auf Einmal
Rings um mich her wie mit Donnerflammen es strahlen sah!
Welch Anschaun war es! Denn Ihn, den als Christ, ich liebte,
Sah ich mit Einem schnellen begeisterten Blick,
Als Dichter, und empfand: Es liebe mit Innigkeit
Auch der Dichter den Göttlichen!
Erstaunt über Seine so späte Wahl, dacht’ ich nur Ihn!
Vergaß selbst der gedürsteten Unsterblichkeit,
Oder sahe mit Ruh das betrümmerte Gestade,
Die Wog’, und den Sturm!
Strenges Gesetz grub ich mir ein in Erzt: Erst müsse das Herz
Herscher der Bilder seyn; beginnen dürf’ ich erst,
Wäre das dritte Zehend des Lebens entflohn:
Aber ich hielt es nicht aus, übertrat, und begann!
Die Erhebung der Sprache,
Ihr gewählterer Schall,
Bewegterer, edlerer Gang,
Darstellung, die innerste Kraft der Dichtkunst;
Und sie, und sie, die Religion,
Heilig sie, und erhaben,
Furchtbar, und lieblich, und groß, und hehr,
Von Gott gesandt,
Haben mein Maal errichtet. Nun stehet es da,
Und spottet der Zeit, und spottet
Ewig gewöhnter Maale,
Welche schon jetzt dem Auge, das sieht, Trümmern sind.