Ich saß vor Sonnenaufgang an dem Strande,
Das Sternenkreuz verkündete den Tag
Sich neigend zu des Horizontes Rande.
Und noch gehüllt in tiefes Dunkel lag
Vor mir der Osten, leuchtend nur entrollte
Zu meinen Füßen sich der Wellenschlag.
Mir war, als ob die Nacht nicht enden wollte;
Mein starrer Blick lag auf des Meeres Saum,
Wo bald die Sonne sich erheben sollte.
Die Vögel auf den Nestern, wie im Traum,
Erhoben ihre Stimmen, blaß und blasser
Erlosch der Schimmer in der Brandung Schaum,
Es sonderte die Luft sich von dem Wasser,
In tiefem Blau verschwand der Sterne Chor;
Ich kniet in Andacht und mein Aug ward nasser.
Nun trat die Pracht der Sonne selbst hervor,
Die Freude noch in wunde Herzen senkt;
Ich richtete zu ihr den Blick empor.
Ein Schiff! ein Schiff! mit vollen Segeln lenkt
Es herwärts seinen Lauf, mit vollem Winde;
Noch lebt ein Gott, der meines Elends denkt!
O Gott der Liebe, ja du strafst gelinde,
Kaum hab ich dir gebeichtet meine Reu,
Erbarmen übst du schon an deinem Kinde.
Du öffnest mir das Grab und führst auf’s neu
Zu Menschen mich, sie an mein Herz zu drücken,
Zu leben und zu lieben warm und treu.
Und oben von der Klippe höchstem Rücken,
Betrachtend scharf das Fahrzeug, ward ich bleich,
Noch mußte mir bemerkt zu werden glücken.
Es wuchs das hergetragne Schiff, zugleich
Die Angst in meinem Busen namenlos;
Es galt des Fernrohrs möglichen Bereich.
Nicht Rauch! nicht Flaggentuch! so bar und bloß,
Die Arme nur vermögend auszubreiten!
Du kennst, barmherz’ger Gott, du fühlst mein Los!
Und ruhig sah ich her das Fahrzeug gleiten
Mit windgeschwellten Segeln auf den Wogen,
Und schwinden zwischen ihm und mir die Weiten.
Und jetzt –! es hat mein Ohr mich nicht betrogen,
Des Meisters Pfeife war’s, vom Wind getragen,
Die wohl ich gier’gen Durstes eingesogen.
Wie wirst du erst, den seit so langen Tagen
Entbehrt ich habe, wonnereicher Laut
Der Menschenred, ans alte Herz mir schlagen!
Sie haben mich, die Klippe doch erschaut,
Sie rücken an die Segel, im Begriff
Den Lauf zu ändern. – Gott, dem ich vertraut!
Nach Süden – –? wohl! sie müssen ja das Riff
Umfahren, fern sich halten von der Brandung.
O gleite sicher, hoffnungschweres Schiff!
Jetzt wär es an der Zeit! o meine Ahndung!
Blickt her! blickt her! legt bei! setzt aus das Boot!
Dort unterm Winde, dort versucht die Landung!
Und ruhig vorwärts strebend ward das Boot
Nicht ausgesetzt, nicht ließ es ab zu gleiten,
Es wußt gefühllos nichts von meiner Not.
Und ruhig sah ich hin das Fahrzeug gleiten
Mit windgeschwellten Segeln auf den Wogen,
Und wachsen zwischen ihm und mir die Weiten.
Und als es meinem Blicke sich entzogen,
Der’s noch im leeren Blau vergebens sucht,
Und ich verhöhnt mich wußte und belogen;
Da hab ich meinem Gott und mir geflucht,
Und an den Felsen meine Stirne schlagend,
Gewütet sinnverwirret und verrucht.
Drei Tag und Nächte lag ich so verzagend,
Wie einer, den der Wahnsinn hat gebunden,
Im grimmen Zorn am eignen Herzen nagend;
Und hab am dritten Tränen erst gefunden,
Und endlich es vermocht, mich aufzuraffen,
Vom allgewalt’gen Hunger überwunden,
Um meinem Leibe Nahrung zu verschaffen.