Ein kranker Vater rief den Sohn.
»Sohn!« sprach er, »um dich zu versorgen,
Hab ich vor langer Zeit einst einen Schatz verborgen;
Er liegt —« Hier starb der Vater schon.
Wer war bestürzter als der Sohn?
»Ein Schatz! (So waren seine Worte.)
Ein Schatz! Allein an welchem Orte?
Wo find ich ihn?« Er schickt nach Leuten aus,
Die Schätze sollen graben können,
Durchbricht der Scheuern harte Tennen,
Durchgräbt den Garten und das Haus,
Und gräbt doch keinen Schatz heraus.
Nach viel vergeblichem Bemühen
Heißt er die Fremden wieder ziehen,
Sucht selber in dem Hause nach,
Durchsucht des Vaters Schlafgemach,
Und findt mit leichter Müh (wie groß war sein Vergnügen!)
Ihn unter einer Diele liegen.
Vielleicht, daß mancher eh die Wahrheit finden sollte,
Wenn er mit mindrer Müh die Wahrheit suchen wollte.
Und mancher hätte sie wohl zeitiger entdeckt,
Wofern er nicht geglaubt, sie wäre tief versteckt.
Verborgen ist sie wohl; allein nicht so verborgen,
Daß du der finstern Schriften Wust,
Um sie zu sehn, mit tausend Sorgen,
Bis auf den Grund durchwühlen mußt.
Verlaß dich nicht auf fremde Müh,
Such selbst, such aufmerksam, such oft: du findest sie.
Die Wahrheit, lieber Freund, die alle nötig haben,
Die uns, als Menschen, glücklich macht,
Ward von der weisen Hand, die sie uns zugedacht,
Nur leicht verdeckt; nicht tief vergraben.