Ich will die schönste Tugend singen,
Laß, Muse, mit dieß Werk gelingen,
So wird mein Lied die Menschen freun
Und auch erwünscht den Engeln seyn.
Oft prüft das Leben mich mit Schmerzen,
Doch nehm’ ichs nich zu sehr zu Herzen;
Ein Engel Gottes steht mit bei:
Da macht Geduld mich schmertzensfrei.
Wie viel, was Ungeduld verdorben,
Hab’ ich mit durch Geduld erworben!
Wer diese Tugend nicht besaß,
Dem fehlt das rechte Seelenmaaß.
Wild, feurig, von Natur nicht träge —
So viel empfindlich harte Schläge
Ich vom Geschick auch schou bekam,
Stets heilte mir Geduld den Gram.
Einst wollte mich die Liebe quälen —
Ich könnte viel davon erzählen —
Wie sie mit Tantal’s goldn’er Frucht,
Vergeblich meinen Durst versucht.
Da konnt’ ich lange mich nich fassen,
Ich mußt’ erröthen und erblassen.
Ich hatt’ an solchem Leid nich Schuld;
Zuletzt — was half mir? — die Geduld.
Geduld, de eingeborner Engel,
Du Stiller aller Erdenmängel!
Die Thränen, die kein Auge seiht,
Die trocknest du vom Augenlied.
Steht still, ihr himmlischen Gedanken!
Verläßt mein Geist die Erdenschranken,
So bott’ ich, bildet über’m Grab
Mir die Geduld in Marmor ab.
Willt ihr der Thränen Zoll mir geben,
Dann soll der Marmor sich beleben,
Und lispeln: Groß ist Gottes Huld;
Wir seh’n uns wieder, nur Geduld!