ErdenglückAn ChloeHüpfend, wie das Blut in deinen Adern, scherzet,Chloe, deine Seel’ ihr Daseyn hin;Keine Ahndung ferner Übel schwärzetDeinen freyen unbewölkten Sinn;Alles, däucht dir, ist wie deine WangenRosenroth; gleich Liebesgöttern hangenTausend Hoffnungen, von brütender BegierSanft entfaltet, gaukelnd über dir.Jeder Wunsch, der mit Vergnügen schmeichelt,Scheint dir schuldlos: du erfuhrst noch nichtDaß der Schmerz sich oft zu Wollust heuchelt,Und die Hoffnung stets zu viel verspricht. Ach! warum, o Chloe, sind’s nur Träume,Wenn die Fantasie, mit eitler Schöpfungskraft,Goldne Welten um uns her erschafft?Lauter Lust, wohin das Auge gafft,Lauter Rosen, lauter Myrtenbäume;Göttertisch von Grazien gedeckt,Nektar aus Tokay in allen Flüssen,Schlaf auf Schwanen, den zu stillen KüssenAmor oft, die Sorge niemahls, weckt;Lauter Feste, Tänze, frohe Spiele,Lauter Unschuld, Eintracht, Zärtlichkeit,Kurz, der Menschen ganze LebenszeitEin Gewebe lieblicher Gefühle —Welch ein Traum! — »Warum« (so ruft, entzücktVon Nanett’ im kurzen Unterrocke,Tristram aus, indem des Mädchens schwarze LockeSich im ungelernten Tanz entstrickt,Und ihr lächelnd Aug’ unwissend Liebe blickt)»Ach! warum du, dessen WohlbehagenUnsre Freuden schafft und unsre Plagen,Kann nicht hier ein Mann sich in der Freude SchooßNiederlegen, tanzen, singen, und sein Pater sagen,Und gen Himmel mit Nanetten gehn?« Eitler Wunsch! vielleicht verzeihlich im Entstehn,Aber der Gesetz der ernsten Weisheit — Sünde!Ein Verhängniß, dessen dunkle GründeWir vielleicht in bessern Welten sehn,Findt für diese Welt ein reines Glück zu schön,Mischt in jeden Tropfen Lust geschwindeZwey von Bitterkeit, gefällt sich, (wie es scheint)Jede Hoffnung selbstgewählter Wonne,Wenn zu unsern Wünschen alles sich vereint,Plötzlich zu verwehn, erfindet jedem Morgen,Der uns Lust verhieß, unvorgesehne Sorgen,Giebt die Unschuld oft der Bosheit, dem BetrugPreis, und lohnt die Treu’ mit einem Aschenkrug. Chloe, hoffe nicht, daß innerhalb dem Kreise,Der den Erdball von dem SternenfeldTrennt, die Wonn’ uns je ihr himmlisch Antlitz weise!Ach! sie sinkt nicht bis zur Unterwelt!Alle diese schönen Luftgesichte,Deren Nahme deine junge BrustÜberwallend macht, sind bloße Schaugerichte,Leichte Träum’ unwesentlicher Lust!Freundschaft, Liebe! ach! euch lassen uns die GötterNur von fern aus offnem Himmel sehn;Diesseits her versetzt, sind eure Früchte — Blätter,Die mit leerem Schmuck das Auge hintergehn!