Prolog zum Solimanngehalten in Erfurt von Madam Abbt.1769. Von allen Sterblichen die diesen ErdenballZum Schauplatz ihrer Thorheit machen,Und zum beweinen viel, doch zehnmal mehr zum lachenUns geben, ist sonder Streit ein Mann, dem ein SerallZu Diensten steht, das stolzeste Geschöpf.Ein Sultan! — in der That, es ist ihm zu verzeihn,Was ihn umgiebt ist Sclav; nur er — nur er alleinDarf, was er will, und zieht die armen TröpfeWie Marionetten am Drat. Er winkt — so fliegen die KöpfeVon Bassen und Großvezieren, wie weggeblasen, herab.Und, daß er fähig sey, durch einen schönenGeliebten Kopf, sein Heer im Nothfall zu versöhnen,Ist eine Heldenthat, von welcher an IrenenDer zweyte Mahomet das schwarze Beyspiel gab. Mich daurt die Nymphe, mich, die einem solchen MannVerurtheilt ist im kalten Arm zu liegen;So einem Mann, der zu einer Dame VergnügenSo wenig und so viel zu ihrem Unglück kann;Der unter hundert Schönen, die Aug und Herz entzücken,Sein Herz vertheilt, — und Himmel! welch ein Herz! —Ein Herz, das Eine zu entzücken,Zu wenig ist. Nun denket euch den Schmerz,Die Qual, verdammt zu seyn, den BlickenVon einem solchen Mann zur Augenweide bloßZu dienen, ewig sich zu baden und zu schmücken,Damit er euch, kömmts hoch! auf seinen SchooßZu setzen würdigt, euch die weißen Schultern zu streichelnDie Gnade thut, und seinen stachlichten BartAn euren Wangen reibt. — Und ihm noch gar zu schmeicheln! —Zu buhlen um seinen Blick! — Entzückungen zu heucheln! —O Amor, und ihr Schutzgeister der Schönheit alle, bewahrtEin jedes reizendes Kind vor Diensten dieser Art!An Solimann, mit dem wir euch heut unterhaltenStellt’ uns Herr Marmontel, der Favarts Muster war,Das ächte Bild von einem Sultan dar.Nicht von den mürrischen zwar,Den erschöpften Alten und Kalten,Die eine Venus selbst nicht mehr begeistern kann;Dieß ist sein Fehler nicht — nur stolz ist Solimann.Er ist gewohnt, daß ihm die Herzen entgegen fliegen;So wie er kömmt und sieht will er als Cäsar siegen,Und seiner Ungeduld heißt jeder WiderstandEin Hochverrath — allein — den kleineren SultanenZum warnenden Exempel — fandDer Stolze doch zuletzt seinen Herrn in Roxelanen.Wie schön, wie glorreich rächtIhr reizendere Muthwill’ an ihm das weibliche Geschlecht!Verzeihet ihm und mir, ihr Herren der Schöpfung! wir zollenEuch den Tribut der euch gebührt;Daß ihr mit gutem Fug die weite Welt regiert,Erkennen wir in Demuth, wie wir sollen;Doch wer regieret euch? — Die Antwort bleibt zurück?Bedarf es wohl sie mühsam zu ergründen? —Wir lesen sie in eurem Blick,Und ihr — ihr werdet sie in eurem Herzen finden! Nur noch ein Wort! Ihr Gönner unsrer Kunst!Thalie hoffet nicht, sucht nicht in eurer GunstDurch Schmeicheleyn sich einzustehlen.Ihr schätzt Verdienste nur — doch wann uns diese fehlen —So möge wenigstens das eyfrigste BemühnEuch zu vergnügen, uns den Weg zu eurem Beyfall bahnen,Und heißt das Schicksal uns aus euren Mauern ziehn,So denkt mit Huld an Roxelanen!