Wie Silberglocken am Marienfeste
Versenden ihren reinen, hellen Klang,
Durch Stadt und Flur und stillen Waldeshang
Weithin geführt vom sanftbewegten Weste:
So drang der Ruf zur Ferne hell und rein,
Und seinem Wohlklang jedes Herz entbrannte,
Wenn er Marie, die Königstochter, nannte,
Der Tugend und der Schönheit Morgenschein.
Vergebens war manch Dichterherz entglüht,
Zu schildern durch begeisterte Gesänge
Der jungfräulichen Reize hold Gedränge,
Das um den schönen Leib Marias blüht;
Vergebens preist sein bettelhaft Geklimper,
Wie tief dies Auge mit der Schattenwimper
In süße Einsamkeit das Herz entreißt
Und alle Welt umher vergessen heißt;
Wie diese Rosenlippen sich erschließen,
In jedem Wort ein holdes Lied vergießen:
So läßt der Lenz aus frischen Rosenröten
Der Nachtigallen Zauberlieder flöten;
Wie diese sanftgehauchte Jugendglut,
Ein Traum von Rosen, auf den Wangen ruht,
Vom Morgenrot ein fernes Widerscheinen,
Das einst gestrahlt den Paradieseshainen.
Sie ist so schön, die schönste der Jungfrauen,
Daß man sie nicht kann ohne Schmerz betrachten,
Denn zitternd spricht das Herz mit bangem Grauen:
Nach dir muß selbst der Tod, der kalte, schmachten!
O schwelge noch in ihrem Anblick, Welt,
Solange dieser flücht’ge Zauber hält!
Berauschet euch in ihrem Odem, Lüfte!
Verhaucht, beglückte Blumen, eure Düfte!
O eilet schneller aus den Himmelsfernen
Herüber, goldne Strahlen von den Sternen,
Und strömet eure Küsse auf sie nieder,
So holde Jungfrau findet ihr nicht wieder.